Wien - Mega-Stromausfälle wie zuletzt in Italien und davor in Skandinavien sowie Kanada und den USA hält Österreichs Energieregulator, E-Control-Chef Walter Boltz, für unser Land für äußerst unwahrscheinlich. Zwar könne niemand ein großes Blackout zu 100 Prozent ausschließen. Doch weise Österreich traditionell besonders geringere Ausfälle auf, und es wäre nach einer solchen Panne die Versorgung sicher deutlich rascher wiederhergestellt: "Wir haben ein sehr robustes System", meinte Boltz am Montag vor Journalisten.

Eine 100-prozentige Ausfallssicherheit zu gewährleisten käme ungefähr doppelt so teuer, der zusätzliche volkswirtschaftliche Nutzen wäre aber gering. 2002 war laut der erstmals erstellten Störstatistik jeder österreichische Stromkunde im Schnitt nur 42 Minuten ohne Strom - in anderen europäischen Ländern, darunter Italien, bis zu fünf Mal so lange. Allerdings streue die Ausfallswahrscheinlichkeit innerhalb unseres Landes mit einem Verhältnis von 1:5 bis 1:6 relativ stark.

Kombination von höherer Gewalt und menschlichem Versagen

Für den Stromausfall in Italien vom Sonntag, der von Frankreich und der Schweiz seinen Ausgang genommen hat, waren laut E-Control-Geschäftsführer mehrere Ursachen ausschlaggebend, eine Kombination von höherer Gewalt und menschlichem Versagen. Neben Blitzschlag und einem auf eine Hochspannungsleitung gestürzten Baum in den Nachbarländern habe es offenkundig auch Regelungs- und Steuerungsprobleme im Netz sowie Bedarfsfehleinschätzungen in Italien gegeben. Solche Situation seien dann nur durch kleinräumigere Abschaltungen beherrschbar, bei menschlichem Versagen seien aber großräumigere Störungen in keinem Netz der Welt gänzlich auszuschließen: "Mit fallweisen Stromausfällen werden wir leben müssen."

Die beste Vorsorge gegen Großstärkungen seien hinreichende Reserven bei der Stromerzeugungsleistung - und hier insbesondere kurzfristig regelbare Kraftwerke wie Speicherkraftwerke. Ferner seien ausreichend Reserven bei den Übertragungsleitungen nötig, um bei Bedarf Erzeugungsleistung von verschiedenen Kraftwerken herbeischaffen zu können, sowie eine enge nationale und internationale Vernetzung der Übertragungsleitung. Zu schwach sei hierzulande jedoch das Hochspannungsnetz im Süden Österreichs auf Grund der noch bestehenden Lücken im 380-kV-Ring in Salzburg sowie besonders zwischen Südburgenland und Steiermark.

"Ausweichen"

Ein "Ausweichen" über Österreich nach Italien, nachdem die Leitungen aus Frankreich und der Schweiz am Sonntag ausgefallen waren, wäre etwa von Österreich nach Italien wegen der schwachen Leitungsverbindungen (auf italienischer Seite) jedoch nicht möglich gewesen. Das selbe gelte für einen "Umweg" über unser Land auf den Routen über Slowenien oder Ungarn-Kroatien-Slowenien nach Italien. Im Stromimportland Italien, das auch wegen der Stopps für neue Kernkraftwerke etwa ein Viertel seiner Elektrizität importiert, hänge dies vor allem an Blockaden des dortigen Ex-Monopolisten Enel, aber auch an schleppenden Genehmigungsverfahren. Hier sei eine Übertragung gewisser nationaler Leitungsagenden an die EU zu überlegen.

Niedrigere Stromnetztarife in den Verteilnetzen - hier drängt der Energieregulator bzw. die E-Control-Kommission auf weitere Absenkungen - seien jedenfalls kein Grund für eine schlechtere Versorgungssicherheit. Schließlich gehe das Risiko großflächiger Ausfälle primär vom hochspannigen Übertragungsnetz aus, bei dem bis jetzt kein notwendiges Investment wegen Geldmangel unterblieben sei. Auch die Liberalisierung der Strommärkte sei nicht an den scheinbar gehäuften Ausfällen schuld, vielmehr seien "monolithische Blöcke" in abgeschotteten Märkten erfahrungsgemäß technisch schlechter ausgestattet, meinte Boltz bei der Vorlage des Berichts über zwei Jahre Strom- und ein Jahr Gasmarktöffnung in Österreich.(APA)