Wien
Die Stadtrösser
Kinder lieben sie. Hauptsächlich Kinder. Der Tourist, vor allem der deutsche, untersucht sie eingehend ...
Kinder lieben sie. Hauptsächlich Kinder. Der Tourist, vor allem der deutsche, untersucht sie eingehend, äußert dann die Vermutung, hier handle es sich ja wohl um so ne Sache mit den Lipizzahhhnern und geht ab. Der Einheimische ignoriert sie inzwischen souverän, genauso wie er das Dschungelvogelgekreisch ignorierte, das eines schönen Spätsommertages aus Lautsprechern am Wiener Graben gellte, oder die leicht gerupft wirkenden Aztekentänzer, die anscheinend die Federkrone des Montezuma zurückwollen (aus dem Völkerkundemuseum), oder jene anderen Krachproduktionen, die die Wiener Innenstadt lebenswerter machen. Die fast lebensgroßen Plastikpferde, die zu Dutzenden in eben jener Innenstadt herumstehen, sind wenigstens lautlos, das spricht für sie. Ihre künstlerische Gestaltung ist, na ja, "originell" (das Wort bitte ausgesprochen vorstellen wie von Helmut Qualtinger im Herrn Karl - "Sie hat so an lustigen Huat aufghabt - originell, ned?"). Ein Ross am Graben hat ein Kuheuter, ein anderes geht als Oberkellner. Wie gesagt, originell. Interessant ist, dass die Pferde nicht oder kaum vandalisiert werden (einem fehlt der Kopf, aber das wollte der Künstler so). Kann sein, dass sie auch den Vandalen zu banal sind. (Hans Rauscher/DER STANDARD; Printausgabe, 30.9.2003)