Wien - Beim Bahntest des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) im Juli dieses Jahres erhielten die ÖBB die Gesamtnote 2,8. Gefordert wurde aber eine Verbesserung bei Bahnhöhen und Nebenstrecken. Michael Palfinger vom Verein Fahrgast kritisierte am Donnerstag die schlechte Versorgung im Nahverkehr.

2.900 Fahrgäste wurden vom VCÖ befragt. Drei Viertel gaben für die Pünktlichkeit der Züge die Noten "sehr gut" und "gut". Die Investitionen in die Hauptstrecken wurden positiv bewertet, bei den Regionalstrecken haben die ÖBB großen Aufholbedarf. "Das Ziel einer Bahn mit bester Qualität ist noch bei weitem nicht erreicht", sagte VCÖ-Sprecher Christian Gratzer.

Interessen von der Politik zu wenig berücksichtigt

90 Prozent der Befragten forderten mehr Investitionen in den Bahnausbau. Gratzer: "Die Fahrgäste haben das Gefühl, dass ihre Interessen von der Politik zu wenig berücksichtigt werden." Die Bahnhofsoffensive müsse daher mit Volldampf fortgesetzt werden.

Palfinger kritisierte, dass die Preise der Bahn in etwas mehr als einem Jahrzehnt zum Teil um 300 Prozent gestiegen sind, die Leistungen aber weniger werden. Immer höheren Kosten und Subventionen stehe "immer weniger Bahn" gegenüber.

Reform aller Bereiche des öffentlichen Verkehrs nötig

Bis zu 98 Prozent der Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln werden laut Palfinger im Nahverkehr zurückgelegt, "da muss die ganze Kette stimmen". Deshalb sei eine Reform aller Bereiche des öffentlichen Verkehrs nötig. Derzeit wird viel zu wenig Rücksicht auf den Freizeitverkehr genommen, kritisierte Palfinger. Durch flexiblere Arbeitszeiten sei der Berufsverkehr aber "ein sterbendes Feld".

Laut dem Verein Fahrgast werden rund zwei Drittel der Subventionen für Liegenschaften verwendet. "Während etwa der Bahnhof in St. Anton für die Schi-WM neu gebaut wurde, schließe die ÖBB zahlreiche Haltestellen, die Filialen des Unternehmens", kritisierte Palfinger.

ÖBB: Tarife deutlich günstiger als in vielen EU-Ländern

Für ÖBB-Sprecher Andreas Rinofner sind diese Vorwürfe nicht neu. Trotz der Preissteigerungen, die im Sinne der Kostenwahrheit in den vergangenen Jahren nötig waren, seien die Bahntarife in Österreich aber noch immer deutlich günstiger als in vielen EU-Ländern.

Im Zuge der Beschleunigung vor allem bei den Fernzügen sei es einfach nicht möglich, bei jedem Haltepunkt stehen zu bleiben, so Rinofner. Allerdings werde der Zeitgewinn auch immer in Relation zu den Fahrgastzahlen gesetzt.

Zum Vorwurf, Subventionen etwa für den Umbau des Bahnhofes St. Anton verwendet zu haben, sagte Rinofner, dass die ÖBB bei diesen Änderungen an die Vorgaben der Verkehrsministeriums gebunden seien. Freie Hand hätte das Unternehmen nur bei der Gestaltung der Bauten selbst.(APA)