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Der scheidende EZB-Präsident Wim Duisenberg setzt weiterhin auf eine leichte Belebung der Wirtschaft.

foto: reuters/ribeiro
Lissabon - Ungeachtet des jüngsten Anstiegs von Euro-Kurs und Ölpreis hält die Europäische Zentralbank (EZB) an ihrer abwartenden geldpolitischen Haltung fest. Die Währungshüter ließen am Donnerstag den Leitzins unverändert und bekräftigten zugleich ihre Konjunktur- und Inflationserwartungen. Analysten rechnen auch in den kommenden Monaten mit unverändert niedrigen Zinsen.

Wie der scheidende EZB-Präsident Wim Duisenberg nach einer auswärtigen Ratssitzung in Lissabon vor Journalisten sagte, geht die Notenbank nach einer stagnierenden Wirtschaftsleistung im ersten Halbjahr weiterhin von einer leichten wirtschaftlichen Belebung im weiteren Jahresverlauf aus. "Die jüngsten Daten und Informationen entsprechen dem Bild einer moderaten Erholung in der zweiten Jahreshälfte", sagte Duisenberg auf seiner letzten turnusmäßigen Pressekonferenz als EZB-Chef. 2004 werde sich die Erholung dann schrittweise beschleunigen.

Duisenberg bekräftigte zugleich die grundsätzliche Erwartung, dass die Inflation im restlichen Jahresverlauf weiter um zwei Prozent liegen und dann 2004 unter diese Marke fallen und darunter verharren werde. Bei einer Jahresteuerung von knapp unter zwei Prozent sieht die EZB Preisstabilität als ihr oberstes Ziel gewährleistet.

Zuvor hatten die Währungshüter den Leitzins in der Euro-Zone erwartungsgemäß unverändert bei 2,00 Prozent gelassen. Duisenberg bezeichnete das aktuelle, historisch niedrige Zinsniveau als weiterhin angemessen. Der mittelfristig Ausblick für die Preisstabilität bleibe günstig. Die Währungshüter hatten binnen zwei Jahren die Zinsen in sieben Schritten - zuletzt im Juni - auf das niedrigste Niveau seit dem Zweiten Weltkrieg gesenkt.

An den Finanzmärkten war keine Zinsänderung erwartet worden, nachdem mehrere EZB-Ratsmitglieder verdeutlicht hatten, dass sie derzeit keinen Handlungsbedarf der Geldpolitik sehen. Noch immer ist die Konjunkturerholung in der Euro-Zone vor allem ein Hoffnungswert, denn zahlreiche starke Belege dafür gibt es bisher nicht. Für die EZB ist das nach Einschätzung vieler Volkswirte ein Argument, die Zinsen bis Mitte nächsten Jahres auf dem derzeitigen Niveau zu halten und dann erst wieder anzuheben. "Die EZB wird wahrscheinlich von nun an erstmal abwarten", sagte Lorenzo Codogno von der Bank of America. Einige Analysten rechnen sogar mit einer weiteren Zinssenkung in der nächsten Zeit, denn es gibt noch immer Gefahren für die erhoffte wirtschaftliche Erholung.

Zu einem Hemmschuh für die Konjunkturbelebung könnte ein weiterer kräftiger Kursanstieg des Euro werden, der die Ausfuhren verteuern würde und damit die Exportwirtschaft erheblich beeinträchtigen könnte. Am Donnerstag kletterte der Euro auf ein neues Drei-Monats-Hoch von 1,1768 Dollar und näherte sich damit seinem Ende Mai markierten Rekordhoch von 1,1932 Dollar an. Duisenberg sagte, er sei nicht überrascht über die jüngste Kursbewegung des Euro. EZB-Entscheidungen würden nicht von täglichen Kursschwankungen beeinflusst.

Als Konjunkturdämpfer könnte sich Experten zufolge bei einem weiteren Anstieg auch der Ölpreis erweisen. Er hat in den vergangenen Tagen deutlich zugelegt, nachdem die Opec letzte Woche überraschend eine Fördermengendrosselung beschlossen hatte. Duisenberg sagte, er betrachte den jüngsten Ölpreisanstieg mit einer gewissen Sorge, dieser sei aber nicht überwältigend.

Der EZB-Rat trifft sich zwei Mal im Jahr außerhalb der Notenbankzentrale in Frankfurt. Die Zinssitzung in Lissabon war die letzte unter Leitung Duisenbergs. Die nächste am 6. November soll dann sein designierter Nachfolger, Frankreichs Notenbankchef Jean-Claude Trichet, leiten. (APA/Reuters)