Wien - Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Richtlinie zum Schutz privater Kreditnehmer sei ein Bumerang, der sowohl private Kreditnehmer als auch die Kreditinstitute treffen würde. So das Resümee einer im Auftrag der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer (WKÖ) in Auftrag gegebenen,Studie des internationalen Beratungsunternehmens Booz Allen. Dieses hat eine zu erwartende Zusatzbelastung von 313 Millionen Euro errechnet.

Intensive Relativierung

So erschreckend die Höhe dieser Summe, so intensiv der Versuch, die Dinge zu relativieren. Experten, welche in die Verhandlungen mit Brüssel involviert sind, gehen im Gespräch mit dem STANDARD davon aus, dass es sich hier um "falschen Alarm" handelt, der "auf eine Verunsicherung der Konsumenten hinauslaufe". Die Begründung: Es sei "unzulässig, den EU-Vorschlag schon einer Bewertung zu unterziehen, weil die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sowieso noch über diesen Vorschlag weiter verhandeln". Das europaweite Lobbying der Wirtschaft sei bisher so stark gewesen, dass das EU-Parlament das Verfahren unterbrochen habe.

Trotzdem fürchten RZB-Chef Walter Rothensteiner und Herbert Pichler, WKÖ-Syndikus des Banken- und Versicherungsbereiches, dass der vorliegende EU-Vorschlag lediglich in übertriebener Bürokratie münden werde. "Die Zielsetzung der Richtlinie zur Harmonisierung des Binnenmarktes und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes wird dadurch nicht erreicht", stellt Pichler klar.

Zusätzlicher Verwaltungsaufwand

Die größten Belastungsbrocken ortet Booz Allen in drei Bereichen, wo laut Studie rund 70 Prozent der Belastungen zu finden seien. So gehen die Berater davon aus, dass sich der zusätzliche Verwaltungsaufwand für die Einbeziehung des nicht beurkundeten Überziehungskredits auf 114 Mio. Euro belaufen werde. Die erweiterte Pflicht zur Erforschung, warum jemand einen Kredit aufnehmen will und wie dessen finanzielle Situation ist, würde bei den Kreditanbietern zudem einen Mehraufwand von 43 Mio. Euro bedeuten. Mit insgesamt 66 Mio. Euro würde sich außerdem die Beschränkung moderner Vertriebsformen und Zugangswege niederschlagen.

Außerdem stellt Booz Allen fest, dass die vorgeschlagene Reform darüber hinaus einen hohen, einmaligen Aufwand für die Umstellung laufender Verträge bedeuten würde. "Im vorliegenden Entwurf überwiegen für den Konsumenten die Nachteile", heißt es deshalb so prägnant wie trocken. (Monika Bachhofer, DER STANDARD Print-Ausgabe, 3.10.2003)