Über Großbritanniens "Eiserne Lady" Margaret Thatcher sagte er einmal, sie habe ihn angeschnauzt, als wären sie auf dem "Parteitag von Nürnberg". Und in der US-Regierung des älteren George Bush, so behauptete Neuseelands ehemaliger Premier David Lange, hätten ihm sogar manche nach dem Leben getrachtet, weil er in seiner Amtszeit (1984-89) den Inselstaat im Südpazifik zur atomwaffenfreien Zone machte. Für seinen "unerschütterlichen" Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt wurde Lange (61) gestern in Stockholm der Alternative Nobelpreis zugesprochen.

Der Ehrenpreis der "Stiftung für richtiges Leben" kommt damit einem Mann zu, der auf ein ziemlich turbulentes zurückblickt. 1942 als Nachfahr von deutschen Einwanderern im neuseeländischen Auckland geboren, studierte er dort Jus und verdiente sich in einem Schlachthof den Lebensunterhalt. Als Anwalt arbeitete er zunächst in London, wo er seine erste Frau Naomi kennen lernte.

Der bald dreifache Familienvater eröffnete in einem Armenviertel Aucklands eine Anwaltspraxis und schärfte seine Rhetorik als methodistischer Laienprediger sowie bei Protesten gegen den Vietnamkrieg und gegen französische Atomtests im Mururoa-Atoll.

Premier 1984

1977 für die Labour Party ins Parlament in Wellington gewählt, trug er dazu bei, die regierende Nationalpartei zu überholen. 1984 wurde er zum Premier gewählt. Das danach erlassene Gesetz, das Schiffen mit Atomwaffen den Zugang zu den Häfen Neuseelands verbot, lähmte praktisch den Anzus-Verteidigungspakt mit Australien und den USA.

Auch mit Paris legte sich Lange an, nachdem französische Agenten 1985 das Greenpeace-Schiff "Rainbow Warrior" im Hafen von Auckland versenkt hatten. Auf Vermittlung der UNO holte er eine Entschuldigung Frankreichs und sieben Millionen Dollar Entschädigung heraus.

Innenpolitisch hatte der schwergewichtige Politiker (der zeitweilig 168 Kilo wog, ehe er sich einer Magen-Bypass-Operation unterzog) weniger Erfolg. Im Streit mit seinem Finanzminister, der drastische neoliberale Reformen durchzog, trat er 1989 von der politischen Bühne ab.

"Global Action"

Danach setzte er sich in Büchern und Vorträgen (u. a. vor der UNO-Generalversammlung) für ein Ende der atomaren Rüstung ein, die er "moralisch nicht zu verteidigen" nannte. Als Delegierter von "Global Action" versuchte er Staatsmänner von der Atomwaffenfreiheit zu überzeugen, an die sich Neuseeland bis heute hält. Vergangenes Jahr war er so krank, dass seine zweite Frau Margaret schon Medienberichte über seinen bevorstehenden Tod dementieren musste. Heuer geht es ihm wieder gut genug, um Neuseelands Premierministerin Helen Clark in ihrer US-Kritik wegen des Irakkriegs lautstark zu unterstützen.

(DER STANDARD, Print, 03.10.2003)