Washington/Wien - "Die Regierung Bush II ist arrogant, bestechlich, bösartig und voller Verachtung für Recht und Sitte", schreibt Kolumnist Bob Herbert, sonst kein überscharfer Kritiker der US-Regierung, am Freitag in der New York Times. Was Herbert zu dieser Einschätzung gebracht hat, ist die jüngste Affäre rund um das Weiße Haus, das angeblich aus Rachsüchtigkeit die Geheimdienst-Identität der Gattin eines ehemaligen US-Botschafters enthüllt haben soll, um dadurch den Botschafter selbst, Joseph Wilson, einen Irakkriegsgegner, zu kompromittieren.

Herberts Kolumne ist, neben diversen amerikanischen Meinungsumfragen, in denen fast drei Viertel der Bürger eine Beteiligung des Weißen Hauses an solchen Indiskretionen nicht ausschließen, ein starkes Indiz dafür, dass die "Leak-Affäre" sich zu einer immer belastenderen Hypothek für die Regierung Bush auswächst. Nach außen getragen ("geleakt") wurde die Sache Gerüchten zufolge von Karl Rove, einem der wichtigsten Berater von George W. Bush, wobei Rove jede Verwicklung in die Sache freilich energisch in Abrede stellt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4./5.10.2003)

Die "Vereinigung amerikanischer Wissenschafter" (Federation of American Scientists, FAS) hat den Fall indes zum Anlass genommen, um darauf hinzuweisen, dass so genannte "Leaks", also Lecks, durch die geheime Regierungsinformationen nach außen dringen, nicht per se etwas Gutes oder Schlechtes seien. In manchen Fällen, so der Geheimdienstspezialist Steven Aftergood, seien derartige Indiskretionen "das beste Gegengift gegen willkürliche oder sinnlose Regierungshandlungen". (red) www.fas.org