Irgendwie hat es schon Tradition, dass die Leitung der Vereinigten Bühnen Wien mit Quereinsteigern, denen das Musicalgeschäft fremd ist, besetzt wird. Die IntendantInnen verbindet dabei reichlich Erfahrung im Medien- und Filmbusiness: Auf Peter Weck folgte Rudi Klausnitzer, und nun, ab 1. Jänner 2004, wird Kathrin Zechner für die Programmatik von Ronacher und Raimundtheater (das Theater an der Wien, künftig die städtische Oper, übernimmt Roland Geyer) verantwortlich sein.

Was die ziemlich zierliche, aber energiegeladene und kampfeslustige Frau (ein Stier eben) sympathisch macht: Sie gibt nicht vor, vom Fach zu kommen - sondern erzählt, dass der Bürgermeister sie vor einem Jahr gefragt habe, was sie denn könne. Und sie habe geantwortet, sie könne das Sieveringer Kircherl, das immerzu leer stehe (was sie, weil sie daneben wohnt, beobachtet habe), binnen eines Jahres mit Menschen füllen. Denn sie hätte gelernt, sich auf neue Situationen einzustellen.

Das mag stimmen: Kathrin Zechner, 1963 in Graz als Tochter eines HNO-Arztes geboren, darf als Jobhopperin bezeichnet werden. Nach dem Jusstudium in Wien organisierte sie Konferenzen, dann arbeitete sie bei der KSZE, von 1986 bis 1991 war sie freie ORF-Mitarbeiterin, danach ein Jahr lang Unterhaltungschefin beim Privat-TV-Sender Tele 5 in München, bevor sie für zwei Jahre als Managerin zur TV-Produktionsfirma John de Mol beziehungsweise Endemol nach Köln wechselte.

Im Oktober 1994 holte Gerhard Zeiler die "Kathi", die er von München her kannte, als Programmintendantin zum ORF. Und fortan war sie unverzichtbarer Bestandteil der Society-Berichterstattung: Die "Madame 100.000 Volt" stylte sich täglich neu, erzählte stolz von den 300 Kleidern, die sie gesammelt hätte, und geriet - von einem Dealer beschuldigt - 1997 in Verdacht, Kokain geschnupft zu haben (das Verfahren wurde aber eingestellt). Sie ließ sich umjubeln, war umstritten, und das profil berichtete süffisant über die Eskapaden des blauäugigen Leichtgewichts, das "zwischen Onyx-Bar und Clubbing in den Sofiensälen" pendelte.

Irgendwann aber wurde sie ruhiger. Was vielleicht mit Erwin Steinhauer, der "Liebe meines Lebens", und dem Stanislaus, der im Jänner vier wird, zusammenhängt. Im Februar 2002 kam dann der Schock: Das "Supergirl" wurde nicht im Amt bestätigt. "Natürlich ist es eine Enttäuschung, wenn du nicht wiedergewählt wirst, obwohl du deinen Job begeistert gemacht hast; obwohl du ihn erfolgreich gemacht hast; obwohl du ihn Aufsehen erregend gemacht hast; obwohl du ein tolles Team aufgebaut hast; obwohl du Leib und Seele in den österreichischen Film gelegt hast", sagte sie. "Aber ich sage mir im Moment der Enttäuschung immer: Wer weiß, wofür's gut ist." Nun weiß sie es. (DER STANDARD, printausgabe 08.10.2003)