Wien - Als "Humbug" kritisiert der Wiener Rechtsprofessor Theo Öhlinger im "Kurier" (Donnerstag-Ausgabe) Aussagen von Justizminister Dieter Böhmdorfer (F), dass die Anklagebehörde nicht anklagen dürfe, wenn sie der Meinung sei, dass jemand kein Delikt begangen habe, also Strafantrag oder Anklage nicht zur Verurteilung führen. "Gott sei Dank wird nicht jeder, der in Österreich vor Gericht steht, verurteilt", so Öhlinger. Die Entscheidung liege aber bei den unabhängigen Richtern und sei nicht Sache des Ministers, so Öhlinger zur Einstellung des Verfahrens gegen Jörg Haiders Protokollchef Franz Koloini.

"Das ist, wie wenn der Minister bei einem Ladendieb die Weisung gibt, dieser wird nicht angeklagt, weil seine Frau in einer Notlage ist", erklärt Öhlinger. Ein unabhängiger Richter sei die einzig zuständige Instanz, um über einen solchen Fall zu entscheiden. "Der Minister übernimmt die Arbeit des Gerichts."

Böhmdorfers Weisung werde die Diskussion um dieses Instrument wieder aufflammen lassen, ist Öhlinger überzeugt. "Seit Jahren wird das sehr spärlich eingesetzt." Vor allem die Weisung in einem Einzelfall - noch dazu bei einem Vertrauten von Böhmdorfers früherem langjährigen Anwalts-Klienten Haider - sei außergewöhnlich und heikel. (APA)