St. Pölten - Der Werteumschwung unter Jugendlichen, weg von der "eigenen Familie" als wichtigstes Lebensziel, habe "vor rund fünf Jahren" stattgefunden - und vertiefe sich seither zusehends, erläutert der Linzer Sozialforscher Erich Brunmayr: "Seit Mädchen die Burschen bildungsmäßig überholt haben, rangiert in der Altersgruppe der 14- bis 19-Jährigen die eigene Familie nur noch an dritter Stelle der Wertigkeitsskala."

Eigenständigkeit und Unabhängigkeit

Das sei im ganzen Land so. Also auch in Niederösterreich, wo dieser Tage die auf insgesamt 1971 Befragungen basierende Jugendstudie 2003 präsentiert wurde. Am allerwichtigsten, so Brunmayr, schätzten 95 Prozent der niederösterreichischen Mädchen und 86 Prozent der niederösterreichischen Burschen nunmehr "verlässliche Freunde und Freundschaftsnetzwerke" ein, gefolgt von "finanzieller und ideeller Eigenständigkeit und Unabhängigkeit": Besonders für Mädchen sei dies zentral.

Umschwung

Familiengründung rangiere nur noch bei 55 Prozent auf Platz Nummer eins: "Die heutigen Mädchen werden später einmal nicht mehr bereit sein, ihren Beruf für Partner und Kinder aufzugeben, wie es in den 80er-Jahren die weiblichen Teenagern am Land noch ganz normal fanden", interpretiert Brunmayr.

In Sachen Kinderbetreuung sei für die Zukunft also die Schaffung "flexibler Modelle" angesagt, zumal "auch 50 Prozent der Burschen bereit sind, sich anteilsmäßig an der Kinderbetreuung zu beteiligen - etwa, indem sie zehn oder 15 Stunden pro Woche weniger arbeiten." Reaktion der zuständigen Landesrätin Johanna Mikl-Leitner (VP): Es dürfe keine Politik an den Bedürfnissen der Jugend vorbei geben. (bri, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 10.10. 2003)