Telekom
Mannesmann kontert Übernahmeversuch durch Vodafone
Sowohl Mannesmann als auch Vodafone wollen Internet-Bereiche an die Börse bringen
Düsseldorf/London - In der Übernahmeschlacht um die deutsche Mannesmann AG hat
sowohl diese als auch der potentielle "feindliche Übernehmer", der britisch-amerikanische
Mobilfunkanbieter Vodafone AirTouch, Börsegänge ihrer Internet-Bereiche angekündigt. Mannesmann will
damit den vollen Wert dieses zuvor auszugliedernden Geschäftsbereichs für die Aktionäre sichtbar machen,
erläuterte Mannesmann-Chef Klaus Esser am Freitag in einer offiziellen Stellungnahmen zu dem
Vodafone-Angebot. Ein Vodafone-Sprecher bezeichnete am Freitag in London einen Börsegang des
Internetbereichs als mittelfristige Überlegung, die als Attraktivität für die Vodafone-Aktionäre zu werten
sei.
Die Mannesmann AG hat ihren Aktionären in einem am Freitag veröffentlichten Brief noch einmal dringend
davon abgeraten, das Umtauschangebot der Vodafone Airtouch Plc anzunehmen. Das Angebot wird in dem
in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" abgedruckten Brief erneut als völlig unzureichend bezeichnet. Es
berge außerdem erhebliche Risiken. Der Herausforderer Vodafone warf Mannesmann darauf hin vor, die
entscheidenden wirtschaftlichen und strategischen Punkte nicht angesprochen zu haben. An der Börse sorgte
die neunseitige Veröffentlichung des Mannesmann-Konzerns kaum für Überraschung.
In dem von Vorstandschef Klaus Esser unterzeichneten Brief heißt es, die Mannesmann-Aktie habe derzeit
einen fundamentalen Wert von 250 Euro und biete ohne Vodafone weiteres Wertsteigerungspotenzial von
mindestens 100 Euro pro Aktie. Dies sei höher als das Übernahmeangebot von Vodafone in Höhe von 258
Euro. Die zusätzlichen Wertsteigerungspotenziale ergäben sich zum Teil aus Synergien durch die
Übernahme der britischen Mobilfunkgesellschaft Orange Plc. Außerdem lägen Wachstumschancen im
Daten-, Internet- und Telecommerce-Geschäft. "Lehnen Sie das Vodafone-Angebot ab. Unternehmen Sie
nichts", werden die Aktionäre aufgefordert.
Mannesmanns offizielles Verteidigungsschreiben gegen das von Anfang an als unfreundlich bezeichnete
Übernahmeangebot der Briten wartet nicht mit einer größeren Überraschung auf. In den vergangenen Tagen
war in der Branche vereinzelt noch damit gerechnet worden, Mannesmann werde eine weitere Kooperation
oder Firmenübernahme bekannt geben, um sich gegen die Übernahme zu wehren. In dem Schreiben werden
vielmehr die meisten der bereits gemachten Prognosen präzisiert. Neben den wirtschaftlichen Aspekten
beschäftigt sich Mannesmann in der Veröffentlichung vor allem mit technischen Argumenten. Bei der
Datenkommunikation und bei Internet-Diensten sieht sich das Unternehmen weit vor dem Konkurrenten
Vodafone, der erst in dieser Woche weitreichende Firmenkooperationen im Bereich Internet angekündigt
hatte.
Zu den Risiken einer Übernahme zählt Mannesmann vor allem die Mobilfunkgesellschaft Orange. Sie
müsste im Fall einer Fusion verkauft werden. Mannesmann erwartet hieduch erhebliche finanzielle
Belastungen für eine neue Firma Vodafone-Mannesmann.
In London forderte Vodafone in einer Pressemitteilung Mannesmann auf, die "wirklich entscheidenden
Fragen" im Zusammenhang mit dem Übernahmestreit beider Firmen zu beantworten. Gefragt wird
beispielsweise, wieviel Kapital Mannesmann noch benötige, um seine Wachstumsstrategie in Europa
durchzusetzen. Außerdem müsste die Frage beantwortet werden, welche Risiken der Mannesmann-Aktionär
eingeht, wenn er seine Aktien nicht in die von Vodafone umtauscht. Vodafone bietet 53,7 eigene Aktien für
eine Mannesmann-Aktie. Das Angebot läuft noch bis zum 7. Februar.
Über den Ausgang des Übernahmekampfes wird unter Analysten und Investoren seit Wochen heftig
debattiert. Auf konkrete Prognosen will sich inzwischen kaum noch jemand festlegen. Aktienanalyst Pierre
Drach von Independent Research rechnet im Übernahmestreit mit einem knappen Ausgang. "Es wird ein
sehr sehr knappes Rennen", sagte er am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Er gehe aber davon aus, dass
Mannesmann eigenständig bleiben werde. Für die Aktionäre bestehe die Unsicherheit, dass die Aktien der
beiden Unternehmen möglicherweise durch gezielte Käufe gestützt würden. "Das ist eine große
Unsicherheit, und das macht es den Mannesmann-Aktionären mit Sicherheit nicht leichter, ihre Entscheidung
zu treffen".
Mannesmann-Chef Esser hat heute Spekulationen widersprochen, der Aktienkurs des Konzerns werde
derzeit von dem Übernahmeangebot der Vodafone gestützt und könne nach Ablauf der Umtauschfrist im
Februar einbrechen. Die weltweiten Telekomaktien seien in den letzten drei Jahren stärker gestiegen als
Mannesmann, was zeige, dass der Vodafone-Übernahmeplan die Mannesmann-Aktie nicht nach oben
gezogen, sondern eher nach unten gedrückt habe. (APA/Reuters)