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Der umstrittene Christoph Blocher.

Foto: Reuters/ Monika Flueckiger
Ein gerupftes Huhn, den Schnabel verbunden und die Füße gefesselt, ziert ein Wahlplakat der Schweizer Volkspartei SVP. Die "Koalition der Versager", also die herrschenden Parteien, hätten das Volk mundtot gemacht, entblößt und handlungsunfähig wie ein gerupftes Huhn: "Die Schweizer haben immer weniger zu sagen und müssen immer mehr Steuern, Krankenkassenprämien und Abgaben zahlen", wettert die SVP.

Sie kämpft für strikte Neutralität und gegen den EU-Beitritt, für weniger Steuern und weniger Staat, sie schimpft gegen "Scheininvalide und Sozialschlaraffer", gegen "Asylmissbrauch" und Gewaltkriminalität. Und mit dieser an die FPÖ gemahnenden Rhetorik kommt die Partei an: 25 Prozent der Wählerstimmen dürfte sie auf sich vereinigen und damit bei den Wahlen am Sonntag zur stärksten Partei der Schweiz aufsteigen, so die letzte Umfrage.

"Ist die SVP überhaupt zu stoppen?", fragte die NZZ schon im Januar. Und zitierte dabei den Generalsekretär der Partei, Gregor Rutz: "Wer meint, der Wahlkampf beginne am 1. 1. 2003, irrt gewaltig. Wir kommen nun in die Schlussphase des Wahlkampfes." Nach der Wahl ist vor der Wahl - mit diesem Erfolgsrezept des permanenten Wahlkampfs hat die rechtspopulistische Partei in der Schweiz neue Maßstäbe gesetzt; der gut geölten, professionell organisierten SVP-Parteimaschinerie haben die anderen Parteien nur wenig entgegenzusetzen.

Mit "Bauernfrühstücken" oder Senioren-Nachmittagen ist die Partei immer präsent. "Die SVP bietet nicht nur Politik, sondern Heimat", urteilt der Journalist Fredy Gsteiger in einem Essay über Christoph Blocher und die SVP. Der Unternehmer und Abgeordnete Blocher ist, auch wenn er nicht mehr Vorsitzender ist, weiter prägende Figur und ein wichtiger Financier der Partei.

"Längst ist die SVP keine reine Bauern- und Gewerblerpartei mehr, obschon sie ihr Stammpublikum weit gehend halten konnte. Sie ist tief eingedrungen in Arbeiterhochburgen. Sie bindet aber auch Globalisierungsverlierer und Verunsicherte in großer Zahl an sich", erklärt Gsteiger den anhaltenden Erfolg der SVP. Virtuos spielt sie dabei ihre Doppelrolle aus - sie ist ein Machtfaktor in Bern und regiert mit, versteht sich gleichzeitig auch als die größte Opposition im Lande. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2003)