Leogang – Die Reform der Exekutive befindet sich "in einer kritischen Phase", räumte Innenminister Ernst Strasser (VP) zum Abschluss der österreichischen Sicherheitstage ein. Er verstehe, dass Beamte derzeit verunsichert seien, dies sei aber normaler Bestandteil jeder Strukturänderung. Gleichzeitig gestand der Minister in Leogang in Salzburg vor Journalisten ein, dass im Großraum Wien mehr Personal zur Kriminalitätsbekämpfung notwendig sei.

Die Bundeshauptstadt und ihr Umland sind derzeit die Brennpunkte der Kriminalität. Während in anderen Bundesländern sogar ein Rückgang der Delikte zu verzeichnen ist, steigt die Zahl in Wien an, gleichzeitig sinkt die Aufklärungsquote, berichten Polizeiinsider.

Dieses Problem sei ihm bewusst, betonte Strasser, er verwies im gleichen Atemzug aber auf Erfolge im Suchtgiftbereich und bei der Bekämpfung organisierter Diebsbanden aus Osteuropa. Dennoch "brauchen wir mehr Leute in der Wiener Kriminalitätsbekämpfung", unter anderem deshalb, weil teilweise Posten nicht mehr nachbesetzt wurden. FPÖ und SPÖ in Wien reagierten mit Häme.

Noch vor Weihnachten will Strasser das Ergebnis der Strukturreform, die er der Exekutive verordnet hat, präsentieren. Eine "Team 04" genannte Kommission schafft dafür Grundlagen, die Kommission soll unbehelligt arbeiten dürfen. Dass gerade in Wien, wo die Polizei noch mit der vergangenen Strukturreform beschäftigt ist, die Verunsicherung der Beamten steige, versteht der Minister.

"Das ist Teil jedes Reformprozesses. Erst herrscht eine gewisse Euphorie, dann kommt Verunsicherung. Derzeit befinden wir uns in dieser kritischen Phase. Wenn die Leute aber das Ergebnis sehen, wird sich die Situation wieder beruhigen", meint Strasser.

Liegt der "Team 04"-Entwurf vor, plant der Minister eine Tour durch die Bundesländer, um seinen Beamten die Reform schmackhaft zu machen. Dann soll mit den Personalvertretern verhandelt werden.

Sicherheitsgürtel

Von der EU-Erweiterung verspricht sich Strasser grundsätzlich positive Impulse für die Sicherheit, betonte aber gleichzeitig, dass die Schengengrenze unbedingt weiter nötig sei. Die neuen Außengrenzen der Union hätten aber die Funktion eines zweiten Sicherheitsgürtels. Die derzeitige Situation sei ähnlich wie nach der Ostöffnung Anfang der 90er-Jahre, auch damals stiegen die Kriminalitätskennzahlen sprunghaft an.

Mittlerweile komme die Bedrohung aber nicht mehr aus unseren Nachbarstaaten, sondern vom Balkan und aus den Ländern der früheren Sowjetunion. Optimistisch zeigte sich Strasser jedoch angesichts der Entwicklung in den neuen Beitrittsländern, "sie haben diese Herausforderung angenommen". Es sei aber unbedingt nötig, dass die Union weiter Kapital und Know-how zur Verfügung stellt, um den Sicherheitsstandard in diesen Staaten weiter zu heben. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.10.2003)