Wien - Österreich will beim Klimaschutz mit flexiblen Mechanismen und Emissionshandel im Ausland durchstarten. Kern des Modells: Westliche Industrieunternehmen investieren in treibhausgasmindernde Projekte in Reform-und Entwicklungsländern, die Ersparnisse verkaufen die Firmen der Republik, die diese dem nationalen Klimakonto gutschreiben kann. Dabei wird zwischen Joint Implementation (JI) in Reformländern und CDM (Clean Development Mechanism) in Entwicklungsländern unterschieden.

Insgesamt werden 40 Prozent des heimischen Klimaschutzbudgets für die flexiblen Instrumente eingesetzt. Dadurch werde man ein Viertel der zum Erreichen des österreichischen Kioto-Ziels erforderlichen Treibhausgasreduktionen schaffen können, sagte Umweltminister Josef Pröll am Montag. In den kommenden drei Jahren sollen 72 Mio. Euro in das JI/CDM-Programm fließen, ab 2006 sind jährlich 36 Mio. Euro eingeplant.

Die EU tritt bei den Bemühungen, Russland zur Ratifizierung des Kioto-Abkommens zu bewegen, auf der Stelle. Dies musste auch Pröll einräumen. Allerdings schwankt Europa zwischen Hoffen und Bangen. Denn sollte Moskau in den Emissionshandel einsteigen, würde das plötzliche Überangebot an Projekten die Preise für die Zertifikate in den Keller rasseln lassen. Derzeit kostet eine Tonne CO zwischen vier bis sechs Euro, sagt Richard Platzer, der Chef der Kommunalkredit, die die Schlüsselrolle in der Abwicklung von Klimaschutzmaßnahmen im Ausland hat.

Insider begründen die russische Hinhaltetaktik so: Moskau wolle unter dem Titel "Schutz der nationalen Interessen" Milliardenzusagen westlicher Investoren. Diese sollen in die Modernisierung besonders der E-Wirtschaft investieren, dabei fordern die Russen laut Insidern in Moskau Zusagen über mindestens drei Mrd. Dollar.

Musterprojekt in Bulgarien

Dass Klimaschutz den Unternehmen zusätzliches Geschäft bringen kann, lässt sich am ersten großen Klimaschutzprojekt in Bulgarien ablesen. Dort errichtet die VA Tech um 200 Mio. Euro ein Wasserkraftwerk in Tsankov Kamak. Dadurch würden jährlich 200.000 Tonnen Kohlendioxid eingespart, erläutert VA-Tech-Chef Erich Becker: "Ohne die österreichische Zusatzfinanzierung und die Zertifikatserlöse wäre das Projekt finanziell nicht darstellbar gewesen."

Österreich hat sich verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2012 um 13 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Weil der Ausstoß an Klimakillern aber seit 1990 stetig gestiegen ist, wie auch Pröll einräumt, müssten die Emissionen nun um 22 Prozent sinken. In absoluten Zahlen müsse Österreich 18 Mio. Tonnen CO einsparen. Während Pröll durchblicken lässt, dass der für Ende Oktober erwartete Entwurf zum österreichischen Emissionshandelsgesetze noch länger auf sich warten lassen werde, ist der Entwurf laut Insidern bereits fertig, er soll noch diese Woche kommen. (rose/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. 10. 2003)