Die bringen Geschichten zurück - als wären sie gestern geschehen. Zum 15-Jahre-Jubiläum des STANDARD beweisen Oliver Schopf, Jean Veenenbos und Dieter Zehentmayr das mit einer Ausstellung in Krems.

15 Jahre sind lang. Verdammt lang. Vielleicht zu lang, um sich an Einzelheiten zu erinnern. Schließlich sangen schon die Rolling Stones - im übertragenen Sinn - dass die Bestimmung der Zeitung das Katzenkisterl ist.

Und auch wenn das die, die jeden Tag aufs Neue Welt, Universum und sonst noch allerlei erklären, kränkt: Kein Mensch erinnert sich daran, was da vor drei, vier oder fünf Tagen geschrieben stand. Damit müssen Zeilensöldner wie Leitartikler leben. (Man gewöhnt sich dran.) Nur ist es halt fast schmerzhaft, mit der Nase auf die Vergänglichkeit des eigenen Tuns gestoßen zu werden - und auf höchst amüsante Art gezeigt zu bekommen, dass es "Nachhaltigkeit" auch in Tageszeitungen gibt: Bei Karikaturen nämlich.

Und so flanierten Freitagabend zahlreiche schreibende und nicht-schreibende STANDARD-Menschen durch das Karikaturmuseum in Krems und staunten. Denn auf Einladung von Severin Heinisch, dem künstlerischen Leiter ebendort, zeigten die STANDARD-Karikaturisten Oliver Schopf, Jean Veenenbos und Dieter Zehentmayr zum 15. Geburtstag ihres Blattes Blätter zum Zeitgeschehen.

120 Zeichnungen galt es da - und ab sofort auch in Buchform ("Kein Kommentar - Karikaturen für Leser", Ueberreuter) zu beschmunzeln. Ausstellungskurator Heinisch beklagte - und hob den STANDARD als löbliche Ausnahme vom printmedialen Mainstream heraus - zwar, dass der Karikatur als zeit- und kulturgeschichtlichem Dokument immer weniger Platz und Wert zugebilligt würde, doch noch während er das sagte, delektierte sich das Vorpremieren-Publikum - offiziell wurde die Ausstellung erst am Samstag eröffnet - daran, wie unmittelbar, direkt und präzise Illustrationen, Zeichnungen und Miniaturen oft längst vergessene Geschichte wieder erzählte: "Weißt du noch . . . ?", "Oh Gott, diese Geschichte!" und "Chapeau - das würde heute wie damals passen", wurden die drei Zeichner gelobt, geherzt und schulterbeklopft. Nicht nur von STANDARD-Kollegen, auch von einem der ganz großen der Karikaturistenszene: Chlodwig Poth, unter anderem aus den Satirezeitschriften Pardon und Titanic bekannter Doyen der "Neuen Frankfurter Schule", der in Krems derzeit auch eine große Schau gewidmet ist, kam, schmunzelte und gratulierte.

Ein Kompliment konnte Poth nicht machen - obwohl es immer wieder kam: "Komisch, dass das schon so lange her ist. Mir kommt vor, das wäre erst gestern erschienen." Dabei sind 15 Jahre doch lang. Verdammt lang. Vielleicht zu lang, um sich an Einzelheiten zu erinnern - außer man tut es anhand der Bilder. (Thomas Rottenberg/DER STANDARD, Printausgabe vom 27.10.2003)