Die Polizei verhindert auf der Straße, dass Neugierige stehen bleiben. Fotografen werden rüde zurückgewiesen. Innen wachen ein Dutzend Sicherheitsleute darüber, dass niemand unbefugt in die Schaltzentrale des nach der Fusion mit Sibneft größten russischen Ölkonzerns gelangt. Chodorkowski, der Ende der Achtzigerjahre ein Chemiestudium abgeschlossen hat, ist allgegenwärtig im Gebäude. Der ganze Eingangsbereich ist tapeziert mit Postern, auf denen das Konterfei des als US-freundlich bekannten Oligarchen prangt. Bis zu 60 Tage kann Chodorkowski laut russischem Recht vorerst festgehalten werden. Vorgeworfen werden ihm - wie berichtet - räuberische Erpressung, Betrug und Steuerhinterziehung in Höhe von einer Milliarde Dollar. Chodorkowski ist zusammen mit vier anderen in einer Zelle eingesperrt und bekommt keine Sonderbehandlung.
Notfallpläne
In der Konzernzentrale von Yukos im Zentrum von Moskau jagte am Montag hingegen ein Meeting das andere. Schon bei der Verhaftung von Platon Lebedjew, Partner von Chodorkowski, habe man sich auf "das Schlimmste" gefasst gemacht und einen Notfallplan ausgeheckt, damit die Arbeit bei Yukos möglichst normal fortgesetzt werden kann. "Chodorkowski fehlt uns, wir haben aber ein starkes Management, Yukos sollte keinen Schaden nehmen", hofft Misamore.
In erster Linie waren die Führungskader, die in der zweiten und dritten Managementebene eine Reihe von US- Amerikanern umfasst, mit der Beruhigung von Investoren und Analysten beschäftigt. Denn die Aktienmärkte haben die Festnahme von Chodorkowski, der mit einem Privatvermögen von knapp acht Mrd. Dollar als reichster Mann Russlands gilt, mit einem Kurssturz beantwortet. Die Aktie von Yukos rasselte binnen kurzem um fast 20 Prozent nach unten (siehe nebenstehende Geschichte). Auch der Aktienkurs von Sibneft, viertgrößter Mineralölprodu zent Russlands und inzwischen Teil von Yukos, befand sich zeitweise in freiem Fall. Die Verhaftung von Chodorkowski, der sich immer mehr zu einem Gegenspieler von Präsident Wladimir Putin entwickelt hat, wird in Wirtschaftskreisen der russischen Hauptstadt als "politischer Akt" gewertet.
15 Oligarchen