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Izzat Ibrahim al Duri befindet sich als "Karo König" auch auf dem US-amerikanischen "Most Wanted"-Kartenspiel

Foto: APA/EPA
Bagdad/Wien - Die Meldung aus diffusen Quellen, dass Izzat Ibrahim al-Duri - einst nach Saddam Hussein zweiter Mann im Revolutionskommandorat - heute Anschläge von Saddam-Loyalisten und Islamisten gegen US-Besatzungstruppen koordiniert, löst unterschiedliche Über- legungen aus: Es könnte natürlich einer der angestrengten Versuche der USA sein, quasi post festum doch noch eine Verbindung zwischen dem früheren irakischen Regime und Al-Kaida zu konstruieren.

Andererseits hat die Vorstellung einen realen Hintergrund: Izzat Ibrahim (61), ein hageres, rothaariges Männlein mit Spitznamen "Karotte", war eindeutig derjenige, der am besten die Brücke schlug zwischen der alten säkularistischen Baath-Partei der 60er-und 70er-Jahre und dem islamischen Diskurs, in dem sich das Regime in den letzten Jahren ausdrückte. Al-Duri, der 1990 von den Kuwaitern auf die Kriegsverbrecherliste gesetzt wurde, ist selbst tief religiös - und während die österreichischen Medien 1999, als ihm die Regierung in Wien einen "humanitären Aufenthalt" zur ärztlichen Behandlung gestattete, über eine Krebserkrankung spekulierten, spottete man im Irak, dass er sich wohl mit seinen vier Ehefrauen - die letzte reichlich jung - übernommen hätte.

Izzat Ibrahim aus der Stadt Dur bei Tikrit ist baathistisches Urgestein. Sein Aufstieg begann nach der Revolution 1968, da wurde der Sohn eines Eisverkäufers aus einfachsten Verhältnissen ohne höhere Schulbildung schnell Minister. 1979, als Saddam die Macht endgültig an sich riss und alle Zweifler in der Partei beseitigte, stand Izzat Ibrahim auf der richtigen Seite: Völlig uncharismatisch und mit beschränkter Weltsicht, war er nie eine Gefahr für Saddam und geriet dadurch selbst nicht in Gefahr.

Die schleichende Islamisierung der Baath-Partei, am Anfang nur nach außen - doch wer fast zwei Jahrzehnte lang mit religiösen Parolen hausieren geht, glaubt sie zuletzt selbst -, begann während des Iran-Irak-Kriegs: Die religiöse Legitimierung Ayatollah Khomeinis musste wettgemacht werden. Der Krieg um Kuwait war von Saddam bereits als "Djihad" gegen "Ungläubige" deklariert. Und das Elend, in dem die irakische-Jahren versank, wurde ebenfalls religiös überhöht.

Mit dem politischen Islamismus à la Kaida hätte sich das irakische Regime - aus einleuchtenden Gründen des Machterhalts - natürlich trotzdem schwer anfreunden können. Aber der islamische Antimodernismus, wie ihn Izzat Ibrahim praktizierte, war eben auch nicht mehr verpönt in einem Regime, das sich bei seinem Antritt die Modernisierung des Irak auf die Fahnen geheftet hatte. Und dass sich heute islamistischer und baathistischer Widerstand überschneiden, daran haben Experten keinen Zweifel. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 31.10./1./2.11.2003)