Jedes regionale Blatt wird dem Jubiläum des größten Arbeitgebers unserer Ge- meinde, gar wenn es ein 150-jähriges ist, einen der Bedeutung des Anlasses entsprechenden Beitrag widmen. Und sollte sich auf dem Schild dieser Firma ein unschöner Fleck zeigen - wer kann schon anderthalb Jahrhunderte nur sauber bleiben! -, wird sich ein Regionalblatt im Sinne eines wohlverstandenen Lokalpatriotismus bemühen, ihn zu ignorieren.

In diesem Sinne hat sich die "Kleine Pittener Zeitung" Lorbeer verdient, als sie die Papierfabrik W. Hamburger in Pitten auf ihrem Weg auch durch eine besonders schwierige Zeit begleitete und schrieb: Während des zweiten Weltkrieges gelang (1941) der Erwerb eines Betriebes in Neunkirchen . . . Dieser Zukauf steht seit einigen Monaten unter der kritischen Beobachtung von Medien und der Diskussion, ob dabei nicht die Rechte des Vorbesitzers missachtet wurden. 1940 übernahmen Herbert Reintaller (sic) von seinem Vater Walther und 1951 Harald Prinzhorn von seinem Vater Ernst die Leitung des Unternehmens.

Bemerkenswert an dieser Darstellung, dass bei all den Namen von Besitzern und Nachbesitzern ausgerechnet der Name des Vorbesitzers ungenannt blieb, sowie das Bestehen auf dem Wort Zukauf, obwohl doch klar war, dass es sich dabei um eine zukaufmännische Praxis handelte, wie sie in Österreich nur 1938 ff. groß in Mode war. Dem Verfasser war Prinzhorn näher als die Wahrheit, die er nicht nur dem Heimatbuch "Heilige Gemeinde Neunkirchen. Eine jüdische Heimatgeschichte" von Gerhard Milchram hätte entnehmen können.

Denn schon im November 1998 behauptete der damalige Miteigentümer Herbert Reinthaller in einem Interview mit dem STANDARD, seine Familie wäre mit der Familie Pam, den Vorbesitzern, engstens befreundet gewesen, sein Vater hätte gar versucht, den Pams zu helfen, Österreich zu verlassen und ihnen die Fabrik großzügig abgekauft. Womit die verbalen Duftmarken gekonnt abgesetzt waren, mit denen in Österreich Arisierungen, pardon Zukäufe, üblicherweise als zimmerrein deklariert werden.

Richtiger lag die "Kleine Pittener Zeitung" mit der Vermutung, es leben noch viele Leute, die mit der Familiengeschichte der Eigentümer bestens vertraut sind, als es galt, die Jubiläumsausstellung "Papier im Wandel der Zeit" zu präsentieren. Leider. Denn kurz darauf musste das Blatt einen Leserbrief veröffentlichen, in dem der Tatbestand klargestellt und aus dem Arisierungsakt Adele Pam vom 15. Juli 1938 zitiert wurde: "Der Betrieb ist bereits an Herrn E. Prinzhorn in Firma W. Hamburger, Wien 1., Mahlerstraße 7 zum Verkauf angeboten, doch steht noch die Bewilligung der Vermögensverkehrsstelle Wien aus." Ihr Ansuchen um Erwerb des Betriebes unterstützten die beiden NSdAP-Mitglieder Walther Reinthaller und Ernst Prinzhorn am 27. Juli 1938 mit eidesstattlichen Erklärungen über ihre arische Abstammung.

Gerhard Milchram sandte nach einem Besuch der Ausstellung den "Niederösterreichischen Nachrichten" eine sieben Maschinschreibseiten umfassende dokumentierte Darstellung des arischen Zukaufs, die in der Ausgabe Pittental/Wechselgebiet schwer verstümmelt wiedergegeben wurde, dafür aber angereichert um eine Stellungnahme der Sprecherin vom Büro Prinzhorn des jetzigen, derzeit im Nebenjob 3. Nationalratspräsident. "Das ist böse aufgezäumt und garstig", kann Waltraud Rassner die Darstellungen Milchrams nicht fassen. "Auf diese Weise soll die großartige Ausstellung madig gemacht werden. Von Arisierung kann keine Rede sein, alles basiert auf rechtlichen Grundlagen, die bereits oftmals überprüft worden sind."

Die Dame dürfte nur die Meinung ihres Chefs nachplaudern. Von dem aber wäre es interessant zu hören, ob er die Nürnberger Rassen-und andere Gesetze zur Beraubung, Vertreibung und Ermordung jüdischer Bür- ger als rechtliche Grundlagen betrachtet, auf die man sich auch heute berufen darf.

PS: Der Firmenleiter Max Pam wurde am 12. Dezember 1938 im KZ Dachau ums Leben gebracht. Am selben Tag verhandelten seine Mutter und Schwiegertochter in der Kontrollbank und in Anwesenheit von Harald Prinzhorn über die Aufbringung von Reichsfluchtsteuer und Sühneabgabe. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2003)