Wien - Beachtung wird ihm an vielen Orten der Welt geschenkt, aber kaum irgendwo hängt man dem 1942 geborenen vormaligen Fondsmanager Jim Rogers derart ehrfürchtig an den Lippen wie in Österreich. Schließlich war er es, der 1985 in einem Interview mit der Finanzzeitschrift "Barrons" auf große Gewinnchancen in Osteuropa und Wien hinwies und damit die Börse am Schottenring aus einem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf erweckte. "Damals wussten amerikanische Investoren gar nicht, dass es in Wien überhaupt eine Börse gibt", so Rogers bei seinem jüngsten Wienbesuch, am Mittwochabend im alten Börsengebäude. Der passionierte Motorradnarr hat sich anlässlich der Jahrtausendwende zum zweiten Mal auf Weltreise begeben: Am 1. Jänner 1999 startete er mit einer zitronengelben Mercedes-Spezialanfertigung und Begleiterin Paige Parker, die er am 1. Jänner 2000 ehelichte, in Island, am 31. Dezember 2001 will er seine Millenniums-Tour in New York beenden. Im Internet können Interessierte Jims Reise mitverfolgen. Schon früh ließ der heutige Börsenguru seine Gabe zum Geldverdienen aufblitzen: Als zarter 6jähriger lukrierte er erste Gewinne aus einer Konzession für Softdrinks und Peanuts. Außer der Wirtschaft hatten es ihm die Geisteswissenschaften angetan: 1964 beendete Rogers sein Geschichtsstudium an der traditionsreichen Yale-Universitäy "cum laude", zwei Jahre später schloss er am Balliol Colleg an der Oxford-University die Fächer Philosophie, Politik und Wirtschaftswissenschaften als Bachelor of Arts (entspicht dem Magister) ab. In 10 Jahren Portefeuille gegen Trend um über 4.000 Prozent gesteigert Während eines Sommer-Praktikums bei der angesehenen US-Investmentbank Dominick & Dominick schnupperte Rogers erstmals Börseluft - eine Witterung, die ihn nie wieder losließ. In den Jahren 1968 bis 1969 arbeitete er als Analyst bei Bache & Company in New York, anschließend als Assistent der Geschäftsleitung bei R. Gilder & Co. (New York). 1970 wechselte er zu Neuberger & Berman (New York), ein Jahr später war er Investmentanalyst bei Arnhold und S. Bleichroeder (New York), wo er in den kommenden Jahren den Quantum-Fonds von George Soros managte. Bis 1979 konnte Jim Rogers den Wert seines Portefeuilles um mehr als 4.000 Prozent steigern, während der sich S&P-Index im selben Zeitraum auf weniger als die Hälfte reduzierte. Dieser Erfolg veranlasste ihn, sich bereits mit 37 Jahren aus dem geregelten Berufsleben zu verabschieden. Seither lebt er von den Erträgen seiner Investments, von immer neuen Spekulationen und von Vortragsreisen rund um die Welt. Er veröffentlicht laufend in diversen Fachpublikationen und liest als Gastprofessor an der Columbia University. Von 1973 bis 1980 war er stellvertetender Präsident im Soros-Funds-Management in New York. Mit dem Motorrad um die Welt 1990 erfüllte sich der Motorrad-Narr Rogers einen Lebenstraum. Auf seiner Maschine legte er in sechs Kontinenten 65.065 Meilen zurück und erntete damit eine Eintragung ins Guiness-Buch der Rekorde. Zugleich nahm er die bereisten Länder in Hinblick auf Investitionsmöglichkeiten unter die Lupe, was ihm in der Branche einen praktisch uneinholbaren Know-how-Vorsprung in Sachen Emerging Markets verschaffte. An Wien hat er gute Erinnerungen, investieren würde er hier aber derzeit nicht. Immerhin seien seine bisherigen Investments hier sehr erfolgreich verlaufen, sagte der in die Jahre gekommene Wachküsser. Anfang der neunziger Jahre führten Jim Rogers Warnungen, der Wiener Markt sei bereits zu teuer, zu größeren Korrekturen in Wien. Doch da hatte Rogers seine Schäfchen bereits ins Trockene gebracht. (APA)