Thank god it's friday: Dieser Stoßseufzer, mit dem an jedem Wochenende manch fröhliche Pub-Runde eingeleitet wird, ist zwar zuallererst aus britischen Proletarierkreisen bekannt. In dieser Woche dürfte freilich auch der eine oder andere Beamte im höheren diplomatischen Dienst Englands Erleichterung verspüren, wenn der Samstag gekommen und George W. Bush wieder im heimischen Washington sein wird.

Der Besuch des US-Präsidenten bei seinem Freund Tony Blair findet zu einem Zeitpunkt statt, da die legendär herzliche Beziehung zwischen den USA und Großbritannien mehrfach unter Stress steht. Unstimmigkeiten zwischen den britischen und US-Geheimdiensten über Art und Umfang der Sicherheitsmaßnahmen, die den Staatsbesuch begleiten sollten, waren dabei nur ein kleines Mosaiksteinchen in einem breiteren Panorama der Irritationen.

Hauptproblem im bilateralen Verhältnis ist zweifellos der Nachkriegsirak, wo sich die Dinge anders als geplant entwickelt haben. Auf allerhöchster Ebene - zwischen George Bush und Tony Blair, den der Irakkrieg das jugendfrische Aussehen und ums Haar auch fast den Job gekostet hat - wird die britisch-amerikanische Freundschaft zwar öffentlichkeitswirksam zelebriert. Tatsächlich hat es der Sozialdemokrat Blair, der anfänglich von vielen republikanischen Hardlinern in Washington misstrauisch beäugt wurde, mit seiner festen Unterstützung für den Irakkrieg geschafft, alle Zweifel an seiner Person zu zerstreuen.

Lange Tradition

Das kann aber nicht über Unstimmigkeiten hinwegtäuschen, die die Beziehungen anderswo trüben. So giften sich zum Beispiel viele britische Militärs immer noch darüber, dass alle ihre Bedenken von den Kriegsplanern in Washington in den Wind geschlagen wurden. Auch lassen sich amerikanische und britische Soldaten von durchaus unterschiedlichen Vorstellungen über das Management des Nachkriegsirak leiten. Die britischen Besatzer können auf die Erfahrung einer langen kolonialen Tradition zurückgreifen, bei der, auch wenn man keinerlei Sympathien für imperialistisches Gebaren hegt, sich die Kolonialherren doch oft auch durch eine hervorragende Kenntnis der unterworfenen Kulturen auszeichneten.

Das steht im Gegensatz zur Herangehensweise der USA im Irak, wo der Schutz der eigenen Truppen als alleroberster Wert gilt, der weit über dem Kontakt mit den Einheimischen rangiert. Die daraus resultierende Nervosität zwischen US-Besatzungsmacht und den Irakern färbt am Rande unweigerlich auch auf die Briten ab.

Auch auf anderen Gebieten spießt es sich: Die US-Zölle auf europäischen Stahl, über die derzeit heftig gestritten wird, treffen England ebenso sehr wie Frankreich oder Deutschland. Die britische Regenbogenpresse setzt sich weiter begeistert auf das Thema der auf dem US-Militärstützpunkt Guantánamo inhaftierten Briten, doch die Regierung Bush scheint nur wenig Lust zu verspüren, Freund Tony an dieser Front Entlastung zu verschaffen.

Derartige Anzeichen amerikanischer Schwerthörigkeit in allem, was das Thema Terror betrifft, bestärkt wiederum viele Briten in dem Verdacht, dass die wechselseitige Freundschaft den Amerikanern mehr Vorteile bringt als ihnen selbst. Vor allem aber ist es die Person von George W. Bush, die das transatlantische Einvernehmen trübt. Denn so grundsolide das Fundament der "special relationship" zwischen Washington und London auch sonst sein mag, für die meisten Briten bleibt Bush ein Präsident, dem sie nur wenig Sympathien entgegenbringen können. Daran wird wohl auch sein pompöser Auftritt mit der Queen nur wenig geändert haben.

Bush selbst wird das wohl ziemlich gleichgültig sein. Er hat jedenfalls eine nette Foto-Opportunity wahrgenommen, die sich wohl für den innenpolitischen Hausgebrauch im beginnenden amerikanischen Wahlkampf profitabel einsetzen lassen wird. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2003)