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Lee Harvey Oswald (Mitte) bei seiner Verhaftung

Foto: Reuters
New York - Lee Harvey Oswald hat US-Präsident John F. Kennedy aus Geltungssucht und einer Verkettung von Zufällen erschossen, die ihm die Tat ermöglichte. Das sagte der Bruder des Präsidentenmörders, Robert Oswald, am Samstag, dem 40. Jahrestag des Attentats von Dallas, in den US-Fernsehsendern NBC und ABC. "Es gab keine Verschwörung", sagte er. "Er traf alle Entscheidungen selbst."

Robert Oswald hat seinen Bruder in dem Buch "Lee: Ein Porträt von Lee Harvey Oswald" beschrieben, gibt aber selten Interviews. Seine Beschreibung des Attentats als Tat eines Einzelgängers stimmt mit dem Ergebnis der von der US-Regierung damals eingesetzten Kommission überein, die 1964 keine Verschwörung über Oswald hinaus feststellte. Lee Harvey Oswald hatte vom sechsten Stock eines Gebäudes in Dallas die tödlichen Schüsse abgegeben, in dem er arbeitete. "Wenn man sich die Tatsachen Punkt für Punkt ansieht, deuten sie alle auf Lees Beteiligung. Lee hat das Verbrechen begangen, punkt", sagte Robert Oswald.

"Gelegenheit"

"Der Grund, warum Lee auf den Präsidenten zielte, war Gelegenheit und nichts anderes", erklärte er weiter. "Wenn er dort nicht gearbeitet hätte oder das Auto des Präsidenten einen anderen Weg genommen hätte, wäre es nicht passiert. Es gibt keine Figuren im Schatten. Er wollte sich einen Namen machen, und diese Gelegenheit kam zufällig, nichts war geplant, nichts organisiert." Dass er die Tat nach seiner Festnahme bestritten habe, sei so zu erklären: "Er sagte im Grunde 'Ich bin schlauer als ihr. Ihr müsst mich fangen.'" Sein letztes Treffen mit Lee, bevor er vom Nachtclub-Besitzer Jack Ruby erschossen wurde, beschrieb er so: "Ich sah ihm in die Augen, ich suchte nach einem Zeichen. Und er sah mich einfach an und sagte schließlich: 'Bruder, du wirst dort nichts finden.' Und er hatte absolut recht. Da war keine Emotion, kein Zucken im Auge."

Die Geltungssucht Lees erklärte Robert Oswald mit der schlimmen Kindheit. Nach dem Tod ihres Vaters habe ihre Mutter sie in Waisenhäuser gegeben. Lee sie noch nicht einmal drei Jahre gewesen, als er einen Tag nach Weihnachten weggebracht worden sei. "Er hat sehr früh erfahren, dass er nicht erwünscht ist", sagte der Bruder. Lee wurde Marineinfanterist und wanderte später in die Sowjetunion aus. Nachdem ihm das Leben im Kommunismus nicht gefiel, kehrte er in die USA zurück und trat die Stelle in Dallas an. "Lees politische Haltung war einfach nur eine Methode, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Er wollte aus der Menge herausragen, egal, welche Menge. Er würde immer die entgegengesetzte Position einnehmen. Wenn alle Marxisten waren, würde er sich als Amerikaner geben, immer das Gegenteil, um sich zu profilieren." (APA/AP)