Am Mittwoch ist es wieder so weit: In ganz besonderer Klarheit drängt uns der ORF zur Frage, ob gebührenfinanzierter, öffentlich-rechtlicher Rundfunk denn wirklich so aussehen soll. Zumindest jene bisher gar nicht so zahlreichen Menschen, die den "Bachelor" bei der wöchentlichen Partnerinnenparade verfolgen.

ORF-Generalin Monika Lindner distanziert sich täglich mehr von der Frauenbeschau. Erst nannte sie "Bachelor" keines ihrer "Lieblingsprogramme", inzwischen weist sie im "trend" die Verantwortung von sich. "Es geht ja nicht alles auf meine Kappe."

Ob Lindner da nicht irrt? Sie ist verantwortliche Geschäftsführerin. Nach dem Gesetz sogar verantwortlicher als alle ihre Vorgänger: Die durften ihren Intendanten in Programmfragen keine Weisungen erteilen. Das neue ORF-Gesetz schafft diese Möglichkeit, und Lindner ist als erster ORF-Chef mit ihr ausgestattet. Wozu gibt ihr der Gesetzgeber ein solches Instrument, hätte sie nicht auch das Programm zu verantworten?

"Bachelor" ja, "Krone"-Doku nein

Lindner ist verpflichtet, als gewissenhafter Kaufmann zu handeln. Wenn sie schon nichts damit zu tun hat: Einer ihrer Manager bringt mit seiner Programmwahl rund 45 Prozent der ORF-Umsätze ins Gerede, die 390 Gebührenmillionen nämlich.

Eher skurril weitere Wortspenden der Generalin: "Vorzensur" lehnt sie ab und lässt darob "Bachelor" auf Sendung gehen. Einer höchst aufschlussreichen Dokumentation über die "Krone" verweigert sie das beharrlich seit mehr als einem Jahr, obwohl Publikums- wie Stiftungsrat die Ausstrahlung verlangen.

Lindner will bei "Bachelor" nicht "Geschmackspolizei oder Obermoralapostel" spielen. Wird aber in einer Folge von "Dismissed" gleichgeschlechtlich statt hetero gebraten, findet sie das Samstag um 17 Uhr "nicht angebracht" (siehe dazu: "DisMissed": Kein Sendeplatz für schwules Flirten ). Wir staunen. (DER STANDARD; Printausgabe, 25.11.2003)