Brüssel – Österreich wird gemeinsam mit anderen Ländern die Förderung der embryonalen Stammzellen-Forschung mit EU-Mitteln nicht verhindern können. Wie die zuständige Bildungsministerin Elisabeth Gehrer am Dienstag in Brüssel erläuterte, wird bei dem morgigen EU-Wettbewerbsrat keine Mehrheit für eine Verlängerung des Moratoriums zu Stande kommen. Auch eine einheitliche Regelung, unter welchen Bedingungen, die Forschung an embryonalen Stammzellen EU-weit erlaubt sein soll, werde es nicht geben, da für keinen Vorschlag eine Mehrheit in Sicht und somit eine "Pattstellung" gegeben sei.
Blockade
Österreich wird nach Worten Gehrers gemeinsam mit Deutschland, Italien, Portugal und Luxemburg den Vorschlag der EU-Kommission zur eingeschränkten Forschung mit überschüssigen Embryonen blockieren. Auch innerhalb dieser Gruppe vertritt Österreich den härtesten Standpunkt.
Nach Angaben Gehrers könnten Deutschland, Italien, Portugal und Luxemburg der Forschungsförderung von Projekten mit existierenden Stammzellenlinien zustimmen. Dazu müssten keine neuen Embryonen getötet werden. Gehrer will sich aber ausschließlich auf die Forschungsförderung von Arbeiten mit adulten Stammzellen, also Zellen aus erwachsenen Menschen, konzentrieren.
EU für Stichtagsregelung
Die EU-Kommission will dagegen für die gemeinsame Forschungsförderung der Union Embryonen freigeben, die vor dem 27. Juni 2002, dem Tag des Beschlusses über das sechste EU-Rahmenprogramm Forschung, entstanden waren. Dies geht aber Großbritannien und den skandinavischen Ländern nicht weit genug, sie sind gegen eine Stichtagsregelung.
Erfolge mit adulter Stammzellenforschung
"Mit der adulten Stammzellenforschung werden in Österreich bereits Erfolge erzielt", betonte Gehrer. Es gehe bei dieser Debatte um die "Grundsatzfrage, ob man uneingeschränkt Embryonen zu Forschungszwecken erzeugen will". Auch seien die wissenschaftlichen Erfolgsaussichten von embryonalen Stammzellentherapien fraglich.
Die embryonale Stammzellenforschung ist in den EU-Ländern unterschiedlich geregelt. In Österreich ist die Forschung an Embryonen und die Herstellung von embryonalen Stammzellen gesetzlich verboten. Daher werde Österreich in der EU auch in Zukunft gegen derartige Projekte stimmen, sagte Gehrer. Ein Import von embryonalen Stammzelllinien und wissenschaftliche Arbeiten daran ist in Österreich aber nicht ausdrücklich untersagt.
Keine Verlängerung
Da am Mittwoch aber auch keine Mehrheit für die Verlängerung des bisher geltenden EU-Moratoriums zu Stande kommen wird, läuft diese Beschränkung zu Jahresende aus. Projekte können dann bis 2006 nur mehr mit einer Mehrheit von Mitgliedstaaten abgelehnt werden, die ebenfalls nicht in Sicht ist. EU-Diplomaten erwarten daher, dass ab 2005 wahrscheinlich zwei Projekte zur Forschung an embryonalen Stammzellen mit Mitteln der Gemeinschaft gefördert werden. Dabei gehe es um insgesamt etwa zehn Millionen Euro, heißt es.
Wenn Österreich Anfang 2006 den EU-Vorsitz übernimmt, wird sich das Problem aber wieder stellen. Denn vor dem Auslaufen des 6. EU-Rahmenprogrammes muss eine Regelung für die anschließende EU-Forschungsförderung gefunden werden. (APA)