Die konservative Opposition in Deutschland trägt den Stabilitätspakt ebenso zu Grabe wie die sozialistische Opposition in Frankreich

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Harsche Kritik übten in Deutschland Vertreter der Opposition und Wirtschaftsexperten an der Regierung, die sich mit ihrer Weigerung, keine Sparauflagen zu akzeptieren, in Brüssel durchgesetzt hatte. "Deutschland wird durch diese rot-grüne Regierung zum Totengräber des Stabilitätspakts. Dabei war Deutschland der Erfinder des Stabilitätspakts", sagte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber. Der frühere Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) wertete die Entscheidung als "klare Vertragsverletzung".

Das sei kein Kompromiss, sondern eine brutale Mehrheitsentscheidung, befand der Vizefraktionschef von CDU/ CSU im Bundestag, Friedrich Merz. Die am Montag von ihm hergestellte Verknüpfung, dass die Opposition dem Vorziehen der Steuerreform im Bundesrat nur zustimme, wenn Berlin die Sparauflagen der EU-Kommission erfülle, schwächte Merz aber ab. "Ich sehe im Augenblick keinen unmittelbaren Einfluss darauf", so Merz.

Eichel kontert mit "Doppelbödigkeit"

Der deutsche Finanzminister Hans Eichel griff in Brüssel die Opposition an: Es könne nicht sein, dass die Opposition sage, die Regierung müsse Sparauflagen befolgen, im Bundesrat aber gegen jeden Sparvorschlag stimme. Dies sei "ein ziemliches Stück Doppelbödigkeit", so Eichel.

Der Vizefraktionschef der SPD, der Finanzsprecher Joachim Poß, attackierte auch Österreich. Deutschland könne "nicht immer das machen, was Herr Grasser sagt", so Poß. "Wenn es Deutschland besser geht, wenn die Stagnation überwunden werden kann, ist es auch im europäischen Interesse."

Kritik kam auch von Wolfgang Wiegard, dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates, der die Regierung in Wirtschaftsfragen berät. "Wer wie Deutschland und Frankreich mehrmals gegen die Defizitobergrenze des Stabilitäts-und Wachstumspakts verstößt, muss die Empfehlungen der Euro-Finanzminister und die im Pakt vorgesehene Strafen akzeptieren. Sonst hält sich zukünftig überhaupt kein Land mehr an die Regelungen des Pakts." Auch Bundesbankpräsident Ernst Welteke forderte, die Spielregeln des Paktes einzuhalten. (DER STANDARD Printausgabe, 26.11.2003)