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Bild. apa/Roland Schlager

Amtsstube, was ist das? Die geplante Bürgerkarte soll nicht nur ab kommendem Jahr den behördlichen Charme von Wartezimmern immer mehr vergessen machen. Künftige Generationen sollen sich damit unter anderem auch ausweisen, Wahlen von zu Hause aus erledigen oder Steuererklärungen abgeben. Basis bildet das kürzlich vom Ministerrat abgesegnete E-Government-Gesetz. Doch da ist noch der Wurm drinnen, warnen Datenschützer.

Änderung des Meldegesetzes

Neuester Vorwurf: "Im Zuge des E-Government-Gesetzes soll unbemerkt und ohne Begutachtung das Meldegesetz geändert werden", meint Hans Zeger, Obmann von ARGE Daten und Mitglied des Datenschutzrates.

Artikel 5

Konkret geht es um Artikel 5 der Regierungsvorlage: "In Zukunft sollen Meldeauskünfte auch ohne Angabe des Geburtsdatums möglich sein. Auch weitere Wohnsitze sollen bei 'berechtigtem Interesse- beauskunftet werden", kritisiert Zeger. Damit werde dem Stöbern nach Personen und Aufenthalten Tür und Tor geöffnet. Zeger: "Hier geht es nicht um Verwaltungsreform und mehr Bürgernähe, sondern um die Schaffung einer Bürgerkennzeichnung und in weiterer Folge eines zentralen Namens- und Dokumentenregisters."

Geburtsdatum notwendig

Derzeit ist für eine Auskunft aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), das im Innenministerium eingerichtet ist, die Angabe des Geburtsdatums der Zielperson unbedingt notwendig. Damit soll eine missbräuchliche Verwendung wie zum Beispiel der Masseneinkauf durch Adressenfirmen verhindert werden. Das Geschäft mit Stammdaten (Name, Alter, Adresse) ist legal und äußerst lukrativ, unter anderem können Firmen damit gezielte Werbeaktionen betreiben. Aber auch das Anlegen von schwarzen Listen durch Schuldeneintreiber wird dadurch vereinfacht.

Änderung konform mit Datenschutzrichtlinien

Im Innenministerium wurde auf STANDARD-Anfrage bestätigt, dass bei Meldedatenabfragen die Kenntnis des Geburtsdatums nicht mehr zwingend vorgeschrieben sein soll. Künftig sollen zwei der drei Kriterien genügen, in welcher Kombination sei egal. Bei Namen und Adresse wird man also Alter und weitere Wohnsitze der betreffenden Person erfahren. "Die Änderung geht konform mit den Datenschutzrichtlinien", heißt es im Innenministerium. Letztendlich verantwortlich sei aber das Bundeskanzleramt, denn dort liege auch die Zuständigkeit für das E-Government-Gesetz.

Ausnahmen

Das Innenministerium machte freilich auch schon bisher Ausnahmen bei den Auskunftsbestimmungen. Im Frühjahr flog auf, dass Wirtschaftstreibenden per Verordnung so genannte "Komfortabfragen", ohne Kenntnis des Geburtsdatums, ermöglicht wurden - DER STANDARD berichtete. Hintergrund: Geld. Im Vorjahr nahm der Staat durch ZMR-Abfragen rund eine Million Euro ein. Dieser Betrag soll sich im kommenden Jahr zumindest verdoppeln. Was wiederum nur möglich ist, wenn die Abfragekriterien allgemein vereinfacht werden. Für Hans Zeger ist das jedenfalls ein "unwürdiger Handel mit Bürgerdaten."

Teures Zubehör

Dem geplanten E-Government-Gesetz kann der Datenschutzexperte überhaupt nur wenig Positives abgewinnen. Unter anderem bemängelt Zeger, dass sich viele Menschen das teure Drumherum nicht leisten können. Um sich per Chipkarte bequem von daheim aus ins Amt einzuloggen, ist ein Computer, ein Internetanschluss sowie ein Kartenlesegerät notwendig. (Der Standard Printausgabe 26.11.03, Michael Simoner)