MARC ANTHONY TURNAGE
Scorched

(Universal)

Foto: Universal
ANDREAS SCHOLL Arcadia (Universal) Die Suche nach interessantem Repertoire, sie führte Countertenor Andreas Scholl diesmal nach Arkadien, jenem mythologischen Gebiet, jener Heimat von Pan, des Naturgottes und Beschützers der Schäfer. Im Verbund mit der Accademia Bizantina unter der Leitung des Cembalisten Ottavio Dantone durchforstete Scholl allerlei Archive und widmet sich nun den gefundenen Kantatenwerken von Francesco Gasparini, Alessandro Scarlatti und Arcangelo Corelli. Sie waren allesamt Mitglieder einer arkadischen Akademie, die sich um 1690 formte, und bei der Dichter gleichsam eine neue Einfachheit abseits barocker Ornamentik suchten. Unterstützt wurden sie durch Königin Christina von Schweden, die zum Katholizismus konvertiert und abgedankt war und schließlich nach Rom zog.

Scholl ist auf der Höhe seiner narkotisierenden Vokalkunst. Ungemein suggestiv in den Höhen und klar in der Linienführung entfaltet er seine poetischen Qualitäten, belässt es aber nicht beim Schönklang; er pendelt vielmehr versiert zwischen schwereloser Kantilene und Erzählkunst. Auch der Dialog mit dem Originalklanensemble funktioniert blendend. Die Instrumentalisten pflegen einen galanten, durchsichtigen Sound, der alle Ausdrucksfacetten zwischen forsch und grazil mit der nötigen Intensität aufzuladen versteht. Kultivierte, bewusste Phrasierungskunst. Sorgfältiger, auch terassendynamischer Umgang mit den Strukturen. Das zeigt, dass bei aller Liebe zur Einfachheit, welche die Akademie einst anstrebte, dennoch nicht vergessen wurde, Arkadien mit musikalischem Raffinement zu imaginieren.

MARC ANTHONY TURNAGE
Scorched

(Universal)
Das war endlich wieder einmal eine gelungene Kombination von Jazz und Klassik: US-Gitarrist John Scofield wirkte bei Mark-Anthony Turnages Komposition "Blood on the Floor" mit, und das ließ sich hören, war eine intelligente Umsetzung des Third-Stream-Gedankens.

Nun die zweite Auflage mit "Scorched": Es handelt sich dabei gleichsam um einen orchestrierten Scofield. Ausgehend von Kompositionen des relaxten, gerne funkigen Gitarrenminimalisten, der mit wenigen Tönen viel sagt, stellt Turnage sein bei Gunther Schuller und Hans Werner Henze geschultes kompositorisches Können zur Verfügung, um gleichsam ein suitenartiges Großgebilde entstehen zu lassen, in dem Scofield mit Peter Erskine am Schlagzeug und dem Bassisten John Patitucci auch improvisierend zulangt.

Dennoch bleibt ausreichend Gelegenheit, der Arbeit des Radio-Sinfonie-Orchesters Frankfurt unter Hugh Wolff gewahr zu werden, das Turnages so kantige wie schummrig-prägnante Klangwelt gediegen erweckt und um Scofield einen passenden Klangraum baut. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.11.2003)