Stuttgart - Der Philosoph Dieter Henrich (76) hat am
Mittwoch den mit 12.000 Euro dotierten Hegelpreis der Stadt Stuttgart
entgegen genommen. Die Jury würdigte Henrich "als Vermittler von
spekulativem Denken und philosophischer Analyse". Er habe Hegels
Philosophie als eine "Metaphysik der Subjektivität" gedeutet und sie
so "aus der Interpretationsklammer der Marxisten und der kritischen
Theorie befreit". Die Laudatio auf den Preisträger hielt Volker
Gerhardt, Philosophieprofessor an der Berliner Humboldt-Universität.
Rekonstruktion des Deutschen Idealismus
In seinen Arbeiten rekonstruierte Henrich die Entstehung des
"Deutschen Idealismus", der größten Epoche deutscher
Philosophiegeschichte im Gefolge Immanuel Kants. Fichte und Hölderlin
erkannten demnach gegen Ende des 18. Jahrhunderts, dass sich das
Selbstbewusstsein des menschlichen Subjekts nicht aus einer Reflexion
auf sich selbst erklären lässt, sondern ein nicht-rationales,
absolutes Sein voraussetzt. Viele Forscher weltweit folgten Henrich
mit diesem Deutungsansatz.
Henrich stammt aus Marburg. Bei Hans-Georg Gadamer in Heidelberg
schrieb er seine Doktorarbeit über Max Weber. 1960 wurde er
Philosophie-Professor an der Freien Universität Berlin. 1965
wechselte er nach Heidelberg, 1981 nach München. Dort wurde er 1994
emeritiert, leitet aber weiterhin die Forschungsstelle Klassische
Deutsche Philosophie. Mit dem Hegel-Preis werden seit 1970
Persönlichkeiten geehrt, die sich um die Entwicklung der
Geisteswissenschaften verdient gemacht haben. (APA/dpa)