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Wien - Die Indizien rund um den Bilanzskandal YLine verdichten sich. Ein Gutachten bestätigt, dass das Unternehmen künstliche Umsätze verbucht hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Vorstand, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfung. Auch die Rolle des Gläubigers IBM wird zunehmend fraglich. Der Computerkonzern soll laut einem ehemaligen IBM-Manager an YLine von 30.000 PCs zumindest die Hälfte ohne vertraglich zugesicherte Finanzierungsvereinbarung geliefert haben.

Umstrittene Software Ares

Kern der umstrittenen Vorgänge rund um YLine war eine Software namens "Ares". Mitarbeiter der ehemaligen deutschen YLine-Tochter haben erklärt, dass Ares "kein Produkt", sondern lediglich "eine Philosophie bzw. Marketingidee" dargestellt hat. Das Gutachten macht die Vorgänge rund um "Ares" an der YLine-Tochter "Proofit M-Commerce AG" konkret.

YLine verkaufte ihr demnach am 30.9.2000 eine Ares-Masterlizenz. Am 14.12.2000 erhielt Proofit von YLine als "Gesellschafterzuschuss" einen Scheck über 1,8 Mio. Euro. Am 23.12.2000 bezahlte Proofit die Ares-Lizenz, mit einem Scheck ebenfalls über 1,8 Mio. Euro floss das Geld wieder an die ein börsennotierte Wiener Internet-Company YLine zurück.

Vorstand wusste bescheid

YLine-Buchprüferin Elfriede Sixt, damals Mitarbeiterin des Wirtschaftsprüfers Ernst&Young, bestätigte laut Gutachten in ihrem Testat für das Jahr 2000 aus dem Verkauf von Ares-Lizenzen rund 50 bis 70 Mio. S Erlöse, wies aber gleichzeitig bereits daraufhin, dass ein Großteil der YLine-Umsätze mit verbundenen Unternehmen getätigt worden sei. Kurze Zeit später - am 21. Mai 2001 - äußerte sie auch Bedenken an "Ares". In einem der APA vorliegenden Ernst&Young-Beratungsgutachten an den YLine-Vorstand schrieb sie: Das Produkt sei derzeit offenbar erst "am Beginn der Konzeptionierungsphase". Es sei "völlig unklar welche Vorteile Ares tatsächlich bietet bzw. welchen Nutzen der Kunde aus Ares ziehen kann". Es ergäben sich Fragen wie "Was ist Ares?", "Gibt es bereits eine technologisch ausgereifte Lösung?", "Wie sieht die die Vertriebsstrategie für Ares aus?" oder "Wer sind die potenziellen Kundengruppen?"

Ein Strafverfahren in der Causa YLine wegen des Verdachts auf Bilanzfälschung, schweren Betrug, Untreue und Verstoß gegen das Aktiengesetz läuft. Der Verdacht auf fahrlässige Krida, wegen dem ebenfalls ermittelt werde, sei verglichen damit "eine Lappalie", heißt es in Ermittlerkreisen. Ermittelt wird gegen den YLine-Vorstand, allen voran gegen YLine-Chef Werner Böhm, gegen den Aufsichtsrat und auch gegen Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young. Die Einvernehmungen der Hauptverdächtigen sollen demnächst beginnen. Ein Abschluss der Vorerhebungen der Staatsanwaltschaft wird aus derzeitiger Sicht in einem halben Jahr erwartet.

Fragwürdige Rolle von IBM

Das parallel laufende Insolvenzverfahren dreht sich derzeit vor allem um die fragwürdige Rolle von IBM. IBM hatte YLine im Jahr 2000 für 416 Mio. S insgesamt 30.000 PCs verkauft - ein beachtliches Risiko für den Konzern, wenn man bedenkt, dass YLine im Jahr 1999 (laut der von Ernst&Young testierten Bilanz) rund 40 Mio. S Umsatz machte und einen Bilanzverlust von 88 Mio. S auswies. Dazu kommt noch, dass IBM laut einem ehemaligen Manager zumindest die Hälfte dieser 30.000 PCs ohne vertraglich fixierte Finanzierungsvereinbarung geliefert haben soll.

Laut Böhm war IBM tief in die YLine-Geschäfte eingebunden. Im laufenden Verfahren soll er angegeben haben, dass IBM bei YLine eine "eigentümerähnliche Stellung" gehabt habe. "IBM war mein zweiter Aufsichtsrat", soll Böhm laut informierten Kreisen ausgesagt haben.

Durch den Deal soll IBM laut den Kreisen soweit profitiert haben, dass der Konzern im 1. Quartal 2000 zum PC-Marktführer in Österreich aufstieg. Außerdem soll erstens der Vertrag damals von IBM-Prokuristen Walter Fuchs eingefädelt worden seien, der nachweislich Gründungsaktionär der YLine war. Und zudem soll zweitens die Hälfte des YLine-Börsenerlöses von rund 650 Mio. S zur Rechnungstilgung direkt an IBM gegangen sein.

Böhm wies Kritik an Ares zurück

Der ehemalige YLine-Chef Werner Böhm hat die Bedenken am YLine-Produkt Ares zuletzt zurückgewiesen. Ares sei "keinesfalls" nur eine reine Marketingidee gewesen.

"Dieses Produkt war zugegebenermaßen sehr komplex, und es kann schon sein, dass wir Seitens des Vorstandes schlecht rübergebracht haben. Es kann auch sein, dass hier die Leute überfordert waren mit der Funktionalität. Es war ein ambitioniertes Projekt", aber keinesfalls sei es so gewesen, wie kritisiert wird, meinte er auf die Kritik im ORF-"Report" am Dienstag dieser Woche. Dies habe allein schon die Höhe der Investitionen belegt, so Böhm.

Beim Wirtschaftsprüfer Ernst&Young betont man, dass die Buchprüfung Geschäftsinhalte nicht zu prüfen habe. "Aufgabe der Wirtschaftsprüfung ist es, die Befolgung der Rechnungslegungsvorschriften und der gesetzlichen Bilanzierungsregeln zu prüfen. Die inhaltliche Prüfung der Geschäftsfälle wäre für den Buchprüfer eine Überforderung. Die Unternehmensorgane sind dabei jedoch zu einer wahrheitsgetreuen Aussage verpflichtet", sagte Ernst&Young-Sprecher Pius Strobl am Freitag zur APA.

IBM besteht auf wirtschaftlich geordneten Verhältnissen

Auch IBM Österreich weist die Vorwürfe in Zusammenhang mit der Causa YLine zurück. Die Beziehung der IBM Österreich zur YLine hätten "zu jeder Zeit auf wirtschaftlich geordneten Verhältnissen" basiert, sagte Unternehmenssprecher Christian Rothmüller am Freitag zur APA. (APA)