Nordirlands Wähler haben gesprochen: Fünf Jahre lang haben sie mit wachsender Ungeduld zugeschaut, wie langwierige Kompromisse geschlossen und saubere Hände schmutzig wurden. Jetzt haben sie die Geduld verloren und Zuflucht in simplen Schlachtrufen gesucht.

Pfarrer Ian Paisley spielt seit bald 40 Jahren die Rolle des Geistes, der stets verneint. Er und seine rabiate Protestantenpartei haben nie etwas Konstruktives geleistet. Nach dieser Wahl steht Paisley an seinem Lebensabend triumphierend an der Spitze der größten Partei Nordirlands. Hinter ihm stehen fähige Politiker, die dereinst den Ausgleich mit der katholischen Bevölkerungsminderheit suchen werden, aber vorläufig herrscht Eiszeit. Die gemäßigte Protestantenpartei des ehemaligen Chefministers David Trimble hat die Feuerprobe nur scheinbar schadlos überstanden, denn in ihrer neuen Fraktion sitzen ein halbes Dutzend Leute, die mehr mit Paisleys absoluten Heilsbotschaften anfangen können als mit Trimbles vorsichtiger Taktik.

Mit wem sollen die Repräsentanten der katholisch-irischen Minderheit künftig verhandeln?

Auch in ihrem Inneren fanden dramatische Verschiebungen statt. Die geduldige Bannerträgerin des friedlichen Ausgleichs, die moderate SDLP, hat den Generationenwechsel an ihrer Spitze schlecht überstanden. Die aggressive und professionell verbreitete Botschaft der IRA-nahen Sinn-Féin-Partei erwies sich als unwiderstehlich. Inzwischen ist Sinn Féin die drittgrößte Partei Nordirlands, mit 24 Sitzen relativ knapp hinter Trimbles einstige Staatspartei Nordirlands (27 Sitze).

Es war immer schon zweifelhaft, ob die fragile politische Mitte Nordirlands den Belastungen eines komplexen Friedensprozesses würde trotzen können. Jetzt haben wir die Antwort. Jene Nordiren, die am Mittwoch zu Hause blieben, tragen eine schwere Verantwortung.