Dublin/Belfast - Nach dem Sieg der radikal-protestantischen Democratic Unionist Party (DUP) bei der Regionalwahl in Nordirland haben Großbritannien und Irland Änderungen am Friedensabkommen von 1998 ausgeschlossen. Das Karfreitagsabkommen zwischen Protestanten und Katholiken sei "nicht tot", sagte der britische Nordirland-Minister Paul Murphy am Samstag dem britischen Sender BBC vor Gesprächen mit den nordirischen Parteien. Die Regierungen in London und Dublin teilten am Freitagabend in einer gemeinsamen Erklärung mit, sie seien "für Neuverhandlungen nicht offen". Die DUP lehnt eine Zusammenarbeit mit den Katholiken ab und fordert neue Verhandlungen.

Hoffnung auf Fortschritte

"Ich unterschätze die Schwierigkeiten nicht, aber ich habe die Hoffnung, dass wir Fortschritte machen können", sagte Murphy in der BBC. Die "Grundsätze des Abkommens" könnten nicht verändert werden, betonte der Minister. Sie enthielten das Konsensprinzip und gingen von der Notwendigkeit der Machtteilung zwischen Katholiken und Protestanten aus; dies seien grundlegende Aspekte für eine Regierung in Nordirland. Murphy räumte ein, dass das Regionalparlament in Belfast vermutlich erst in frühestens "drei bis vier Wochen" eingesetzt werden könne. Der Nordirland-Minister wollte am Wochenende in Belfast mit den verschiedenen nordirischen Parteien über eine mögliche Neuauflage der Allparteienregierung beraten.

Aufruf zur konstruktiven Zusammenarbeit

London und Dublin verwiesen darauf, dass die Friedensvereinbarung von 1998 durch eine Volksabstimmung bestätigt wurde, und riefen die Parteien zur konstruktiven Zusammenarbeit auf.

Trimble: "Sackgasse"

Der ehemalige Regierungschef Nordirlands, David Trimble, sagte der BBC, der Friedensprozess bewege sich auf eine "Sackgasse" zu. Aber zu sagen, das Abkommen sei tot, sei "sehr übertrieben", sagte der Friedensnobelpreisträger, dessen moderate Protestantenpartei Ulster Unionist Party (UUP) ihre Parlamentsmehrheit an die DUP verloren hatte. Die meisten Menschen in Nordirland unterstützten das Karfreitagsabkommen, betonte Trimble.

Unter Londoner Verwaltung

Nordirland war im Oktober 2002 erneut unter direkte Londoner Verwaltung gestellt worden, nachdem die Allparteienregierung aus Protestanten und Katholiken zerbrochen war. Trimble selbst hatte das Bündnis im Streit mit der Sinn Fein platzen lassen.

Wahlsieger lehnen Karfreitagsabkommen ab

Wahlsieger Ian Paisley von der DUP lehnt das Karfreitagsabkommen und jegliche Zusammenarbeit mit der Sinn Fein, dem politischen Arm der katholischen Untergrundorganisation IRA, ab. Die DUP ist mit 30 Sitzen in der Regionalversammlung stärker als die gemäßigte protestantische Ulster Unionist Party (UUP), die auf 27 Sitze kam. Sinn Fein wurde laut amtlichen Endergebnis mit 24 Sitzen drittstärkste Partei, ihr gemäßigter katholischer Rivale, die sozialdemokratische SDLP kam auf nur noch 18 Sitze. (APA)