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An der New Yorker Börse, der mit Abstand größten der Welt, steht das Vertrauen der Anleger auf dem Spiel - Ein Fondsskandal hat die Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen

Foto: EPA/Andrew Gombert

New York – Zahlreiche amerikanische Investmentfonds und Hedgefonds geraten wegen illegaler oder verpönter Handelspraktiken immer stärker in die Schusslinie der Aufsichtsbehörden. Das US-Repräsentantenhaus verordnete aufgrund der Skandalwelle in einer neuen Gesetzesvorlage eine drastische Verschärfung der Aufsichts- und Offenlegungsregeln für Anbieter von Investmentfonds.

Der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer, die amerikanische Wertpapier-und Börsenkommission SEC sowie andere Bundes- und Landesbehörden sind ebenfalls aktiv. Betroffen sind 95 Millionen US-Amerikaner, die Anteile von insgesamt 6000 Investmentfonds im Gesamtwert von sieben Milliarden US-Dollar (5,84 Milliarden Euro) halten.

Weltweite Konsequenzen

Die US-Untersuchungen über unsaubere Handelspraktiken werden sich weltweit fortsetzen. Das erklärte der Vorstandschef der weltgrößten Fondsgesellschaft von UBS Global Asset Management, John Fraser, auf einer Branchenkonferenz in London. "Was in den USA vor sich geht, wird weltweit Konsequenzen haben", sagte Fraser.

Besonders beanstandet wird der illegale "späte Handel" mit Investmentfondsanteilen. Hedgefonds und andere bevorzugte Kunden vieler Investmentfondsfirmen durften dabei nach Festlegung der Fondsschlusskurse um 16 Uhr New Yorker Zeit noch Kauf-oder Verkaufsaufträge zu den jeweiligen Schlusskursen abwickeln.

Sie profitierten dabei von nachbörslichen Gewinnmeldungen von Unternehmen und anderen späten kursbeeinflussenden Entwicklungen. Während "normale" Anleger erst am nächsten Tag auf die Neuentwicklungen reagieren konnten, kauften oder verkauften sie rasch mit Gewinn Investmentfondsanteile.

Fünf Milliarden Dollar

Die Gesamtschäden durch den illegalen späten Handel für die Langzeitinvestoren bei den Investmentfonds werden von amerikanischen Wertpapierfachleuten auf jährlich fünf Milliarden Dollar (4,2 Milliarden Euro) geschätzt.

Durch so genanntes "Market-Timing", das heißt durch verpönte Arbitragegeschäfte, sollen Langzeitinvestoren bei Investmentfonds jährlich etwa 400 Millionen Dollar (334 Millionen €) verloren haben. "Market-Timing" ist im Gegensatz zum "späten Handel" nicht verboten. Viele Investmentfonds hatten allerdings in ihren Prospekten den Anlegern mitgeteilt, dass sie solche Transaktionen nicht zulassen, während sie sie in Wirklichkeit doch für bestimmte Kunden ermöglichten. Die Anle- ger müssen aber nach den US-Wertpapiergesetzen alle gleich behandelt werden.

Die illegalen Handelspraktiken haben ein erstes große Opfer gefordert. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat die Schließung der in Phoenix (Arizona) ansässigen Security Trust Company angeordnet. Diese Bank verwaltet Vermögenswerte in Höhe von 13 Milliarden Dollar für 2300 Pensionskassen.

Weitere Untersuchungen

Untersuchungen laufen nach Informationen der New York Times auch gegen andere US-Firmen. Darunter: Bank of America, PGHG Funds, Alliance Capital Managment, Prudential Securities, Strong Financial, Putnam Investments, Fred Alger Management und Millennium Partners.

Unterdessen haben auch in fünf der größten Fondsmärkte Europas – darunter Großbritannien, Frankreich und Deutschland – die Aufsichtsbehörden mit Untersuchungen begonnen, ob es außerbörsliche Handelsgeschäfte oder Market-Timing gegeben hat. Nach einer Umfrage unterstützen 69 Prozent der europäischen Fondsgesellschaften die Ermittlungen – als Vorsichtsmaßnahme und um das Vertrauen der Anleger nicht zu gefährden. (Peter Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 1.12.2003, dpa)