Spricht man in Berlin von Reuse (Wiederverwendung), hat das nichts mit Fischen in der Spree, aber viel mit Computern zu tun. Reuse steht für ein Netzwerkprodukt der TU Berlin, entstanden aus dem Forschungsprojekt "Nachhaltige Nutzungsstrategien für Konsumgüter". Inzwischen gibt es ein derartiges Netzwerk auch in Hamburg. Ziel ist, die Nutzungsdauer der Computer zu verlängern und damit Ressourcen zu schonen.

Der Verkauf von Computern boomt. Allein in Österreich stehen in Privathaushalten und Büros etwa 4,2 Millionen Geräte. Die Nutzungsdauer der PCs ist mit drei bis sechs Jahren aber gering. 2003 werden nach einer Rechnung des Ökologie-Institutes in Österreich 570.000 Geräte ausgewechselt, nächstes Jahr 650.000. Die Folge sind Tausende Tonnen von Elektronikschrott. Würde man Computer ein bis zwei Jahre länger nutzen, könnte man die Herstellung einer ganzen Computergeneration einsparen, rechnet Frank Becker, Ökonom an der TU Berlin.

Die Produktion eines einzigen PCs verbraucht rund 500 Kilowattstunden an Primärenergie. "Das entspricht dem Spritverbrauch für die Strecke Berlin-München", vergleicht Becker. 87 Prozent dieses Energieeinsatzes gehen unwiederbringlich verloren. Die längere Produktnutzung schont nicht nur Rohstoff-und Energieressourcen, sondern auch den Geldbeutel.

Einwandfreie Geräte

In Berlin und Hamburg wurden deshalb unter der Leitung der TU Plattformen für den Secondhand-Handel geschaffen. Klein- und Großhändler der Netzwerke bieten unter dem Markenzeichen "ReUse Computer" einwandfreie Gebrauchtgeräte zu günstigen Preisen an. Auf den Ladentisch kommt nur, was den strengen Qualitätskriterien entspricht und von den Netzwerkpartnern überprüft wurde. Der durchschnittliche Reuse-Kandidat ist ein Pentium II, Mindeststandard ist ein Pentium I. Die Gebrauchtgeräte werden in erster Linie von Organisationen und Firmen geliefert. Projektleiter Frank Becker: "Einer unserer Händler übernimmt den ganzen Deal, organisiert die Abholung, dann werden die Geräte gecheckt, damit auch drin ist, was drin sein muss. Festplatten werden gelöscht, der Verkäufer bekommt ein Löschprotokoll." Nach Außen- und Innenreinigung wechselt man, wenn notwendig, Gebläse und Diskettenlaufwerke. "Nach eineinhalb Stunden muss der Computer verkaufsfähig sein, sonst ist die Sache unökonomisch", kalkuliert Becker. Aufgerüstet wird der PC erst vom Händler vor Ort. Becker: "Aufrüstung macht nur Sinn, wenn der Händler weiß, wofür der Kunde das Gerät einsetzen will."

60 Prozent der österreichischen Computerbenutzer würden einen gebrauchten PC kaufen, ergab eine Befragung des Wiener Kompetenzzentrums Elektro(nik)altgeräte-Recycling & nachhaltige Produktentwicklung (KERP). Projektmanager Ernst Luckner räumt Gebrauchtgeräten gute Marktchancen ein. Was noch fehlt, ist ein Anbieternetzwerk für Qualitätsprodukte. "Das Gerät muss nach dem neuesten Stand der Technik aufgerüstet werden." Luckner arbeitet an der bundesweiten Vernetzung. Die Ausschreibung an potenzielle Partner erfolgt im Dezember, gestartet wird im ersten Quartal 2004. (Jutta Berger/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1. 12. 2003)