Der börsenotierte Handydienstleister EMTS, der sich auf die Reparatur von Handys über die Garantieabwicklung bis hin zum Software-Update und zu Logistiklösungen spezialisiert hat, hat eine äußerst bewegte Firmengeschichte hinter sich. Die exzessive Expansion endete schließlich im Konkurs von fast allen Tochterunternehmen, dazu kamen die vehementen Vorwürfe gegen ehemalige EMTS-Vorstände wegen Bilanzmanipulation. Die EMTS, die heute Konkurs angemeldet hat, ist neben der SEZ-Gruppe (Villach) das einzige österreichische Unternehmen, das an der Schweizer Börse notiert. Hier der Aufstieg und Fall des Handydienstleisters in einer Chronologie:

1989/1993: Gründung bzw. Neugründung der EMTS

26. Juni 2000: EMTS-Börsegang, die EMTS-Aktien kommen zu 95 Franken (61,4 Euro) in Zürich an den SWX New Market. 1999 setzte EMTS mit 352 Mitarbeitern 53,3 (12,4) Mio. Euro um und erzielte einen Nettogewinn von 1,5 (0,6) Mio. Euro. Die EMTS ist zu diesem Zeitpunkt in Österreich, der Schweiz, Deutschland und Norwegen tätig und hat Wartungsverträge mit allen großen Mobiltelefonherstellern wie Nokia, Ericsson oder Motorola.

7. August 2000: EMTS übernimmt den schwedischen Konkurrenten MTS-Europa AB für 26,5 Millionen Euro, damit rückt EMTS eigenen Angaben zufolge zum europäischen Marktführer im After-Sales Service für Mobiltelefonie auf.

28. Aug 2000: Die EMTS beschäftigt bereits 800 Mitarbeitern und betreibt 21 Handy-Service-Center in Österreich, Deutschland, Norwegen, Schweden, Estland und der Schweiz.

6. Oktober 2000: EMTS kauft die norwegische Mobilfagmannen um 2 Millionen Euro.

13. Oktober 2000: EMTS erwirbt in der Schweiz fünf Center für Handy-Dienstleistungen um 1,5 Millionen Schweizer Franken (992.000 Euro).

13. Februar 2001: EMTS veröffentlicht eine Rekord-Bilanz für das Jahr 2000: Der Umsatz verdreifachte sich auf 103,7 Millionen Euro (nach 35,3 Millionen Euro), das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) vervierfachte sich nahezu von 4,8 auf 18,4 Millionen Euro. EMTS hat mittlerweile Verträge mit 15 Mobiltelefonherstellern sowie mit Netzbetreibern, Handelsketten und großen Unternehmen und betreibt 28 Service-Center.

26. März 2001: EMTS kauft sich in Spanien ein und übernimmt die Autophon S.A., STC (Servizio Tecnicos Cellulares S.L.) und DUAL Technical Service S.A. in Madrid/Spanien nachfolgend STC Gruppe).

27. März 2001: EMTS steigt in den italienischen Markt ein und kauft die A.T.E. S.p.A. und Tele Vertice S.p.a. um 10,3 Millionen Euro.

10. September 2001: Die EMTS-Aktie fällt im Handelsverlauf auf ein neues Rekordtief von 56 Schweizer Franken. Das Unternehmen begründet die Kursverluste mit Verkäufen eines Londoner Investmentfonds.

17. September 2001: EMTS kauft sich in den Niederlanden ein und übernimmt die Elmit Beheer BV (Warffum) für 5,1 Millionen Euro.

1. Oktober 2001: Die Expansion der EMTS geht munter weiter, in Frankreich wird die BG Communication übernommen, in Finnland die Oy Anglo Nordic AB.

25. Februar 2002: EMTS veröffentlicht die Bilanz 2001: Der Umsatz erhöhte sich um 58 Prozent auf 163,1 Millionen Euro, der Reingewinn stieg um 62 Prozent auf 6,6 Millionen Euro, das EBITDA wuchs um 22 Prozent auf 22,8 Millionen Euro. Diese Zahlen werden 2003 im Nachhinein vom Wirtschaftsprüfer auf 161,0 Millionen Euro Umsatz und 19,8 Millionen Euro EBITDA berichtigt. EMTS will indes eine weltweite Expansion zusammen mit einem Finanzinvestor prüfen, Zielmärkte sind Asien, Südamerika und Südafrika.

17. Mai 2002: Nach schweren Gewinneinbrüchen im ersten Quartal 2002 verordnet sich EMTS ein Effizienzsteigerungsprogramm, u.a. werden 60 Mitarbeiter gekündigt.

26. Juni 2002: EMTS gibt wegen der schwachen Nachfrage im Handygeschäft eine Gewinnwarnung für 2002 aus, die EMTS-Aktie verliert im Handelsverlauf bis zu 30 Prozent. Der Börsewert der EMTS hat sich seit Anfang 2002 mehr als halbiert hat

6. August 2002: EMTS kündigt 55 der 207 Mitarbeiter im Burgenland.

31. September 2002: Der langjährige EMTS-Geschäftsführer Franz Guggenberger scheidet aus dem Unternehmen aus, auf ihn folgt – allerdings erst im November – der frühere eTel Austria- und YLine Internet Business Services-Vorstand Christian Rosner.

29. Oktober 2002: EMTS kündigt den Abbau von 30 Mitarbeitern in der Schweiz an.

5. November 2002: EMTS gibt erneut eine Gewinnwarnung für 2002.

18. Dezember 2002: EMTS kauft in Finnland zu.

14. Jänner 2003: Die "Schrumpfung" der EMTS nimmt ihren Anfang, zunächst werden die Märkte in der Schweiz und Monaco aufgegeben.

23. Jänner 2003: Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in den EMTS-Bilanzen 2001 und 2002 tauchen auf. Der Vorstand beauftragt darauf hin die KPMG mit einer Prüfung. Ein geheimer Sonderprüfbericht erhebt gegen drei Ex-EMTS-Vorstände schwere Vorwürfe, u.a. wegen Umsatzmanipulation, überteuerten Dienstautos und einem teuren Firmenjet. Diese sollen von der Staatsanwaltschaft Salzburg geprüft werden.

3. Februar 2003: Nokia kündigt die Kooperationsverträge mit EMTS in elf europäischen Ländern, darunter Österreich, wegen "unbefriedigender" Dienstleistungen. Die voraussichtliche Schließung der EMTS-Töchter in Frankreich, den Niederlanden und Schweden wird angekündigt. Die EMTS-Aktie stürzt knapp zwei Wochen nach Aussetzung des Handels im Handelsverlauf um 70 Prozent ab.

4. Februar 2003: Der Verdacht auf Bilanzmanipulation durch das frühere EMTS-Management erhärtet sich, der Abschlussprüfer Deloitte & Touche zieht Bestätigungsvermerk für das Jahr 2001 zurück

6. März 2003: EMTS-Töchter in Frankreich, Niederlanden und Schweden melden Konkurs an.

13. März 2003: Der vorläufige Prüfungsbericht der KPMG erhärtet den Verdacht der Bilanzmanipulation, gegen EMTS-Gründer Franz Guggenberger sowie die Ex-Vorstände Marcel Eichmann und Christian Roitinger werden schwere Vorwürfe wegen Umsatzmanipulationen erhoben, die von den Betroffenen bestritten werden.

13. März 2003: Die EMTS-Österreich-Tochter meldet Konkurs an, 190 Mitarbeiter sind betroffen.

31. März 2003: Auch die EMTS-Töchter in Norwegen, Schweden und Estland werden in Konkurs geschickt und liquidiert. Damit verbleiben nur mehr 4 EMTS-Töchter in Deutschland, Spanien, Italien und Dänemark.

24. April 2003: Die Bilanz für 2002 wird veröffentlicht, EMTS ist in die Verlustzone gerutscht: Das EBITDA fiel von plus 19,8 Mio. Euro auf minus 36,1 Millionen Euro, der Umsatz ging um 21,4 Prozent auf 126,6 Millionen Euro zurück.

August 2003: Auch die EMTS-Tochter in Dänemark wird geschlossen.

25. September 2003: EMTS erhält von Schweizer Börse einen Verweis wegen Bilanz-Manipulation.

1. Dezember 2003: Die wochenlangen Verhandlungen mit der Bank Austria-Creditanstalt (BA-CA) wegen der Netto-Verbindlichkeiten von 15,7 Millionen Euro der EMTS scheitern, die Wiener EMTS Holding meldet Konkurs an. Die verbliebenen Tochterfirmen in Deutschland, Italien und Spanien mit 460 Mitarbeitern sollen einzeln verkauft werden. (APA)