Rankweil - 60 Jugendliche müssen jährlich im Landeskrankenhaus Rankweil, kurz "Valduna" genannt, psychiatrisch betreut werden. Durchschnittlich verbringen sie zwei Monate in der Klinik. Ab heute steht den jungen Menschen erstmals in der Geschichte der Vorarlberger Psychiatrie eine eigene Station zur Verfügung. In einem Nebengebäude, räumlich und optisch vom Krankenhaus getrennt, wurde die "J1" für Jugendliche in psychischen Krisen eingerichtet.

35 Jahre gewartet

1965 wurde erstmals in einer Studie die Notwendigkeit einer jugendpsychiatrischen Station für Vorarlberg aufgezeigt. 1967 fasste die Landesregierung den Grundsatzbeschluss, eine Station einzurichten. Dann begann, erinnert sich Primar Peter König "eine unendliche Geschichte". Weil sich die Politik nicht zwischen Zentralisieren und Dezentralisieren entscheiden konnte, kam es zu jahrzehntelangen Verzögerungen. Was Fachärzte zermürbte und zur Abwanderung der Spezialisten führte. König: "Wir hatten extremen Mangel an qualifiziertem Personal und konnten nur noch einen Notdienst aufrechterhalten."

Jugendliche mit psychischen Erkrankungen wurden, wenn stationäre Behandlung notwendig war, gemeinsam mit Erwachsenen im Landeskrankenhaus betreut. Die Bedingungen für die jungen Patienten und ihre Betreuenden war "ungünstig", blickt Marie-Katharina Veraar, Fachärztin für Jugendpsychiatrie, zurück. "Es kam immer wieder zu Reibereien mit den Erwachsenen, andererseits aber auch zwischen Jugendlichen und Erwachsenen zu stark symbiotischen Beziehungen, die für beide Seiten belastend waren."

Für die dezentrale Betreuung Jugendlicher reichte die fachärztliche Versorgung, die in Vorarlberg zwar besser ist als in den anderen Bundesländern, nicht aus. Jugendliche mussten laut Psychiatriekonzept des Landes, drei bis acht Monate auf einen Arzttermin warten. Gesundheits-Landesrat Hans-Peter Bischof: "Es war ein langer Weg, wir haben verschiedene Modelle probiert." Die Einrichtung der Station bezeichnet Bischof als "wichtigen Lückenschluss im Gesundheitsangebot". Nun müsse man daran gehen, die guten Betreuungsangebote auch zu vernetzen.

Marie-Katharina Veraar, die ihre Zusatzausbildung in Jugendpsychiatrie in der Schweiz machen musste, weil in Vorarlberg keine Ausbildungsplätze vorhanden waren, will nun mit ihrem multidisziplinären Team optimale Bedingungen für kranke Jugendliche schaffen. Zur Vernetzung im Team kommt die Kooperation mit zuweisenden und nachbetreuenden Stellen, aber auch mit Eltern und Bezugspersonen. Veraar: "Wir wissen, dass es mit der stationären Behandlung nicht getan ist. Jugendliche brauchen dringend Nachbetreuung".

Den jungen Menschen stehen auf der "J1" fünf Zweierzimmer, Gruppen- und Therapieräume zur Verfügung. Aufgenommen werden Jugendliche mit schwerwiegenden psychischen Störungen, die ambulant nicht behandelt werden können. (jub, Der Standard, Printausgabe, 02.12.2003)