Symbolträchtig: Andrea Wenzl als Nina und Sebastian Reiß als Kostja in Anton Tschechows "Die Möwe".

Foto: Schauspielhaus/Manninger
Matthias Fontheim stellt sich Theater vor wie Konstantin Trepljow: keinerlei Dekorationen! Den Blick lenkt er aber nicht zum See, sondern in den leeren, schwarzen Bühnenraum des Grazer Schauspielhauses. Dort wird eine zellenhaft kleine Bühne aufgebaut, Theater im Theater, auf der Kostjas Stück der Gleichgültigkeit der Zuseher zum Opfer fällt. Einmal mehr macht Fontheim, Intendant, Regisseur und Textbearbeiter in Personalunion, im Schauspielhaus das Theater zum Thema: Zarte Gigantin im Visier ist Anton Tschechows Komödienvogel. Fontheim reduziert Die Möwe konsequent auf das Wort - auch Ausstatterin Susanne Maier-Staufen bleibt bei den Regeln der Laienbühne: ein paar Bretter, ein Vorhang, vier Glasscheiben, an denen Regen herunterrinnt. Es gibt Momente, in denen der Vogel abhebt, so richtig Schwung bekommt er aber doch nicht: Als Irina Nikolajewna funkelt Friederike Bellstedt vor Narzissmus; Daniel Doujenis Trigorin ist im Parfum des selbstverliebten Geschichtenerzählers gefangen. Andrea Wenzel ist als Nina wandlungsfähig, doch Sebastian Reiß gelingt mit seinem kindlich-ehrgeizigen Kostja die differenzierteste Figur. (frak/DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2003)