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Foto: dpa/Kay Nietfeld
Karlsruhe - Die rot-grüne Bundesregierung hat die Einführung der Ökosteuer in Deutschland vor dem Bundesverfassungsgericht als den "richtigen Weg" verteidigt. Die Umweltabgabe auf Sprit und Strom habe die Lohnnebenkosten und auch den Energieverbrauch in Deutschland sinken lassen, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Barbara Hendricks, am Dienstag in Karlsruhe. Ohne das Geld aus der Ökosteuer würden die Beiträge zur Rentenversicherung heute um 1,7 Prozentpunkte höher liegen als der aktuelle Wert von 19,5 Prozent.

Firmen klagen über existenzbedrohende Wettbewerbsnachteile

Die Beschwerdeführer, fünf Lastwagenspediteure und zwei Kühlhausvermieter, klagten dagegen über existenzbedrohende Wettbewerbsnachteile. Im Transportgewerbe sei die Entwicklung dramatisch, weil ausländische Billig-Spediteure erfolgreich in den Markt drängten, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr BGL, Karlheinz Schmidt. "Wegen der Ökosteuer findet eine Arbeitsplatz- und Existenzvernichtung in nicht gekanntem Ausmaß statt." Auch unter den heimischen Spediteuren werde der Wettbewerb verzerrt, weil grenznahe Firmen billig im Ausland tankten.

Staatssekretärin Hendricks entgegnete, den deutschen Spediteuren stehe es frei, Mehrkosten auf die Kundschaft abzuwälzen. Wenn dies nicht geschehe, dann nur, weil es in der Branche Überkapazitäten und einen daraus resultierenden Verdrängungswettbewerb gebe. Mit Blick auf die Verbraucher versicherte sie, dass die Bundesregierung derzeit keine weiteren Erhöhungen der Ökosteuer plant.

Die zwei Kühlhausbetreiber, die gewerblich Kühlraum vermieten, beanstandeten, dass die vor vier Jahren eingeführte Ökosteuer sie gegenüber Lebensmittelproduzenten mit eigenen Kühlhäusern benachteiligt. Denn sie selbst müssen als Dienstleister den vollen Ökosteuersatz auf Strom zahlen, während für Produzenten ein ermäßigter Ökosteuersatz gilt. Wegen dieser Ungleichbehandlung befänden sich die gewerblichen Betreiber nun in einer "Erdrosselungssituation" und würden in einen Verdrängungswettbewerb gezwungen, sagte Prozessvertreter Jürgen Salzwedel. Zudem seien die eigenen Lagerkosten gegenüber ausländischen Kühlhäusern drastisch gestiegen, was Marktanteile koste. In Deutschland gibt es insgesamt 577 größere Kühlhäuser; der Gesamtumsatz der Branche liegt bei 500 Millionen Euro.

Deutsche Industrie bezeichnet Abgabe als "wachstumshemmend"

Der Bundesverband der deutschen Industrie übte vor Gericht grundsätzliche Kritik an der Ökosteuer. Sie sei wachstumshemmend, und die angepeilten langfristigen Beschäftigungseffekte seien auch nach vier Jahren nicht zu erkennen, sagte Geschäftsführer Klaus Bräuning. So sei eine dauerhafte Senkung der Rentenbeiträge nicht gelungen, obwohl seit 1999 bis heute 58 Milliarden Euro Ökosteuer in die Rentenkasse abgeführt wurden.

Alfons Kühn vom Deutschen Industrie- und Handelkammertag (DIHK) sagte, trotz Ökosteuer seien die Arbeitskosten in Deutschland fast nicht mehr beherrschbar und der Arbeitsmarkt gerate aus den Fugen. Von den Effekten der Ökosteuer bleibe "allein der Griff ins Portemonnaie der Verbraucher". Auch die Ausgestaltung sei widersprüchlich, weil zum Beispiel eigentlich der Verbrauch fossiler Energie gesenkt werden solle, aber zugleich die Steinkohle mit Milliarden subventioniert werde.

Experte vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung kommt zu positiver Bewertung

Ein Sachverständiger des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kam dagegen zu einer positiven Bewertung. Nach Modellrechnungen werde allein wegen der Ökosteuer der CO2-Ausstoß in Deutschland bis 2010 um zwei Prozent oder 20 Millionen Tonnen sinken, sagte Michael Kohlhaas. Im selben Zeitraum könnten zudem 250.000 Arbeitsplätze entstehen. (APA/AP)