Ankara - Ein türkisches Berufungsgericht hat die Verurteilung des früheren türkischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan zu zwei Jahren und vier Monaten Haft wegen Veruntreuung von Parteigeldern am Dienstag bestätigt. Damit dürfte Erbakans politische Karriere beendet sein, da der 77-Jährige nach seiner Verurteilung keiner Partei mehr angehören und bei Wahlen nicht mehr kandidieren darf. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Erbakans im Jahr 1998 verbotenene islamistische Wohlfahrtspartei (Refah) mit Billigung des Ex-Premiers Parteivermögen in Millionen-Dollar-Höhe verschwinden ließ. Es bestätigte auch die Verurteilung von 69 früheren Parteifunktionären zu bis zu 14 Monaten Haft.

Nach dem Verbot der 1983 gegründeten Wohlfahrtspartei (Refah Partisi) wegen Verstoßes gegen das in der Türkei herrschende Prinzip der strikten Trennung von Staat und Religion war das Parteivermögen nach türkischem Recht in die Staatskasse überführt worden. Dabei wurde das Fehlen der Gelder festgestellt.

Erbakan, der zusammen mit der konservativen Partei des Rechten Weges (DYP) regiert hatte, war im Juni 1997 auf Druck der Armee zurückgetreten. Als Nachfolgeorganisation der Wohlfahrtspartei gründete er die Tugendpartei. Als das Verfassungsgericht auch diese Partei verbot, wurde als deren Nachfolgerin die Partei der Seligkeit (Saadet) gegründet, zu deren Vorsitzenden Erbakan im Mai gewählt wurde. (APA)