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Der ÖBB-Chef sieht Beispiele für die Reform in ganz Europa

Foto: Reuters/Prammer
Wien - Die am Donnertstag im Nationalrat zu beschließende ÖBB-Reform bietet für ÖBB-Generaldirektor Rüdiger vorm Walde, der künftig der ÖBB Holding vorstehen wird, eine Struktur, mit der sich die ÖBB auf ihre Kerngeschäfte in einigen Bereichen konzentrieren werden können. Es gebe einige Punkte, die für diese Struktur sprechen. Zweifellos seien die ÖBB ein Unternehmen mit nationaler Bedeutung, und es habe in der Gesetzesbegutachtung sehr viele Kommentare gegeben. "Einmal muss aber Redaktionsschluss sein", sagte Vorm Walde.

Für die neue ÖBB-Organisation gebe es Beispiele in ganz Europa. "So absonderlich ist unsere Struktur also nicht", sagte der ÖBB-Chef. Er verwies auf die "bewusst gewählte Konstruktion", dass die Traktion und die Technischen Services als GmbHs gemeinsam für die getrennten AGs des Güter- und des Personenverkehrs tätig sein sollen. "Damit bleiben Synergieeffekte bestehen, mit dem Ziel, diese Plattform gemeinsam zu erhalten", sagte Vorm Walde. Jetzt müsse die neue Struktur mit Leben erfüllt werden.

Steigendes Infrastrukturbenutzungsentgelt

Dass ein steigendes Infrastrukturbenutzungsentgelt (IBE) die Ertragssituation der operativen ÖBB-Gesellschaften über Gebühr belasten werde, sieht Vorm Walde nicht. Das in Österreich eingehobene IBE sei im Vergleich zu Deutschland relativ günstig und liege im internationalen Vergleich im unteren Drittel der EU-Länder. Auch die neuen EU-Beitrittsländer würden sich dem anpassen müssen. Die künftige Entwicklung des IBE werde auch vom Wettbewerb zwischen Schiene und Straße beeinflusst werden, wobei die EU eine wesentliche Rolle spielen werde.

Die Zukunft der Eisenbahnen beurteilt Vorm Walde grundsätzlich positiv, da steigendes Mobilitätsbedürfnis und die arbeitsteilige Wirtschaft zu mehr Personen- und Gütertransporten führen würden. Die Eisenbahnen würden sich in diesem wachsenden Markt aber um die Kunden mehr bemühen müssen, da der Kunde Ausweichmöglichkeiten habe. "Die alte Staatsbahn ist tot, es lebe die Eisenbahn, die sich am Kunden orientieren muss", so der ÖBB-General.

Preisentwicklung

Unter Marktgesichtspunkten sei auch die Preisentwicklung der Bahn zu beurteilen. "Wir sind marktabhängig und haben keine Tarife wie beispielsweise für Leitungswasser". Deshalb würden sich Preisanpassungen der ÖBB auch an Teuerungsraten orientieren, die derzeit im 1-Prozent-Bereich liegen. Zu Aussagen, dass die Preise für den Kombiverkehr um 80 Prozent angehoben werden sollen, sagte Vorm Walde nach Rückfrage bei ÖBB Cargo-Chef Wolfgang Scharinger: "Von ihm kommt das nicht".

Im Fernverkehr, der 20 Prozent des ÖBB-Gesamtaufkommens ausmache, erfolge die Preisfestsetzung in grenzüberschreitenden Tarifgemeinschaften. Im Nahverkehr, auf den die restlichen 80 Prozent entfallen, sei die Preispolitik der ÖBB von Verhandlungen mit den zahlreichen Verkehrsverbünden abhängig. Dass die ÖBB auf neue Entwicklung flexibel reagieren, zeigten neue Angebote im Personenverkehr. "Wenn sich dafür aber kein Markt findet, wird man das bleiben lassen".

Die Beschäftigtenzahl der ÖBB macht Vorm Walde von der Produktivitätsentwicklung abhängig. Die Produktivität solle angehoben werden, gleichzeitig aber das bestehende Personal durch "Insourcing" ausgelastet werden. Diese Politik mache die ÖBB seit Jahren, und sie werde in den jeweiligen Tochterunternehmen weiter geführt.

Der bis April 2004 vom ÖBB-Vorstand mit der Eisenbahnergewerkschaft auszuhandelnde Kollektivvertrag werde vom Vorstand nach den Prämissen Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit gesehen.(APA)