Das ihm zugeschriebene Zitat - "Niemand vermag zu sagen, wie viele politische Dummheiten durch Mangel an Geld schon verhindert worden sind" - bezog sich wohl auf die kostspielige große Politik seiner Zeit und nicht auf den diplomatischen Dienst. Dass sämtliche Angestellte des zweitgrößten diplomatischen Apparats nach jenem der USA aus Protest gegen massive Einsparungen und Personalkürzungen in den Streik getreten sind, war ein einmaliges Ereignis. In den letzten zehn Jahren verlor die französische Diplomatie zehn Prozent ihres Personalbestandes, behaupteten die Gewerkschaftsverbände.
In ganzseitigen Artikeln beschrieben Le Monde und andere Pariser Zeitungen die Folgen der Geldknappheit hinter der protzigen Fassade von Chiracs Präsidentschaft: zeitweise Einstellung des Kurierdienstes, Mangel an Schreibpapier im Ministerium, wo die Hälfte der Fahrstühle nicht funktioniert - zu einem Zeitpunkt, da Bernadette Chirac mit fünfzigköpfiger Begleitung zur Seligsprechung Mutter Theresas in Rom weilte und die Rechnung des Luxushotels Hassler im Ministerium eingereicht wurde. Auch das enorme Reisebudget des Ressortchefs, des weltweit mit hochtrabenden, überwiegend antiamerikanischen Konzepten auftretenden Dominique de Villepin, wird von vielen Diplomaten hinter vorgehaltener Hand kritisiert.
Wie wurde der Streikaufruf im In- und Ausland befolgt? "Unterschiedlich", heißt es offiziell, während Gewerkschaftsvertreter eine Beteiligung von 94 Prozent behaupten. Die Begleitumstände und die zuweilen hämischen Kommentare lösen freilich Fragen weit über den Ausstand - "keine alltägliche Angelegenheit" (so Villepin wörtlich) - aus. Was ist Sinn und Funktion eines diplomatischen Dienstes im Zeitalter der globalen Kommunikationsrevolution, der PCs und der Satellitentelefone, der regelmäßigen persönlichen Kontakte zwischen Spitzenpolitikern?
Ein anderer Dichterdiplomat, Saint-John Perse (1887-1975), sagte einmal, Diplomatie sei die Kunst, mit hundert Worten zu verschweigen, was man mit einem einzigen sagen könnte. Der britische Historiker Harold Nicolson schrieb im Buch "Diplomacy", Wahrhaftigkeit, Präzision, Ruhe und Bescheidenheit sollten die wichtigsten Qualifikationen eines Diplomaten sein.
Die berühmt-berüchtigte, oft zitierte Bemerkung von Sir John Wotton, wonach der Botschafter ein "ehrlicher Mann" sei, der ins Ausland geschickt wurde, "um für das Wohl seines Landes zu lügen", scheint freilich gegen die erste von Nicolson erwünschte Eigenschaft zu sprechen.