Wien - Die von der Regierung zum Auftakt ihrer
Steuerreformverhandlungen eingeladenen Wirtschaftsforscher haben sich
am Freitag für eine Senkung der Unternehmensbesteuerung
(Körperschaftssteuer-KöSt) ausgesprochen. Nationalbankdirektor Josef
Christl verwies darauf, dass Österreich bei der KöSt im Vergleich mit
seinen Nachbarländern nach Deutschland und Italien an dritter Stelle
liege. Wie hoch die tatsächliche Belastung österreichischer
Unternehmen durch die KöSt ist, sei allerdings schwer zu ermitteln,
betonte Christl. Dies soll laut Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V)
nun durch eine Studie geklärt werden.
"Handlungsbedarf"
Christl betonte allerdings, dass ein negativer Einfluss des hohen
Körperschaftssteuersatzes (34 Prozent) auf die Standortwahl von
Unternehmen empirisch nachgewiesen sei. "Es besteht Handlungsbedarf
für Österreich", so der ehemalige Grasser-Mitarbeiter - sowohl was
die Senkung der Körperschaftssteuer als auch der Lohnnebenkosten
angehe.
Der stellvertretende Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts
(Wifo), Karl Aiginger, betonte, dass Österreich im Gegensatz zu
anderen "Hochsteuerländern" wie Schweden seine Steuern nicht in
ausreichendem Ausmaß in Zukunftsinvestitionen stecke. Laut Aiginger
liegt die Steuerbelastung in Österreich um drei Prozent über dem
EU-Schnitt und um zehn Prozent über jenem der Erweiterungsländer.
Entscheidend wird es für ihn sein, im Rahmen der Steuerreform
Wachstumsimpulse zu setzen. Bei den Lohnkosten habe Österreich in den
vergangenen Jahren gegenüber Deutschland und Italien an
Wettbewerbsfähigkeit gewonnen. Gleichzeitig drohe nun aber die
Konkurrenz aus den Erweiterungsländern.
"Runterkommen"
Für IHS-Chef Bernhard Felderer erklärt sich der Wachstumsrückstand
Europas gegenüber den USA auch aus der hohen europäischen
Steuerbelastung. Während die Steuerquote in Nordamerika 2001 bei 28
Prozent gelegen sei, haben sie in den 15 EU-Staaten durchschnittlich
41,6 Prozent ausgemacht. "Wir müssen uns überlegen, wie wir von
diesen gigantischen Steuerquoten herunterkommen", betonte Felderer.
Handlungsbedarf für Österreich sieht der IHS-Chef angesichts der
"aggressiven Wellen von Steuersenkungen" bei den
EU-Erweiterungsländern. (APA)