Wien - "Freedom of expression is freedom from hatred." Das sagte Jiri Grusa, neuer Präsident des PEN-Clubs und tschechischer Botschafter in Österreich, bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien. "Die Freiheit des Ausdrucks ist das Freisein von Hass" - Für dieses Prinzip will sich Grusa als Vorsitzender der weltweiten Autoren-Vereinigung einsetzen. Das sei quasi ein "Anti-Terrorismus-Programm". Und dennoch: "Ich bin gegen das einfache Politisieren von Literatur". Die Aufgabe der Literatur sei es, der Verständigung unter den Völkern zu dienen, Probleme zu formulieren. Der Akzent solle dabei aber auf die Literatur gelegt werden - und weniger auf ihre Instrumentalisierung für politische Zwecke.

Grusa, der Homero Aridjis nachfolgt, will sich außerdem für "die Vermittlung kleinerer Literaturen mit Hilfe der großen Sprachen" einsetzen. Mit "kleinerer Literatur" sei nicht nur die tschechische gemeint. "Wenn wir klug sind, können wir in dieser Amtszeit etwas daraus machen". Etwas, das der Popularität "unserer Literatur" diene.

"Ich muss mich bei den Österreichern bedanken"

In der sozialistischen Tschechoslowakei hatte der PEN-Club eine "größere Bedeutung", auch politische Bedeutung, sagte Grusa. Denn in dem Land sei teilweise mit Verboten agiert worden. Teilweise sei versucht worden, "Leute, die eine gewisse Internationalität hatten, zu bespitzeln. Die Freiheit des Ausdrucks war etwas, was für uns damals nicht vorhanden war."

Grusa wisse, dass ihm auch jetzt viel Arbeit bevor stehe. "Wer die Ehrgeize der Literatur kennt und die Ehrgeize von Vereinen, der weiß, was da auf mich zu kommt", sagte er und betonte: "Ich muss mich bei den Österreichern bedanken. Es war eine österreichische und keine tschechische Idee, mich hier vorzuschlagen." Seine tschechischen Landsleute hätten sich dieser Entscheidung nur angeschlossen.

Der PEN-Präsident wird auch in Wien arbeiten, obwohl sein Botschafterposten hier mit Ende Jänner/Anfang Februar beendet sein wird. "In diesem Sinne bleibe ich Wien verbunden." Und: "Die Funktion des Präsidenten ist immer auch eine diplomatische." Die Ziele, die Grusa sich als Botschafter gesetzt hatte, nämlich die "Entkommunistifizierung" und Europäisierung seines Landes, habe er "gewisser Maßen" erreicht. "Ich brauche jetzt einen Präsidenten, den ich zitieren kann. Und den habe ich jetzt", sagte er lachend.

Werdegang

Grusa, der 1938 in Pardubice (Pardubitz) als Nachfahre der Familie des Kardinals und Wiener Erzbischofs Anton Gruscha (1820 - 1911) geboren wurde, studierte Philosophie und Geschichte an der Karlsuniversität in Prag. 1964 gründete er die erste nicht-kommunistische Literaturzeitschrift "Tvar" (Gesicht), die später verboten wurde. 1968 wirkte er beim Prager Frühling mit, 1970 erfolgte ein Berufsverbot der Kommunisten. 1978 wurde Grusa wegen seines Romans "Dotaznik" (Der 16. Fragebogen) für zwei Monate inhaftiert. Während einer Auslandsreise in die USA wurde er 1981 aus der damaligen Tschechoslowakei ausgebürgert. Er lebte daraufhin lange Zeit in Deutschland, wo er nach 1990 als Botschafter tätig war. Seit 1998 ist er tschechischer Botschafter in Wien. (APA)