Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA/Schmidt

Wien - 600 Interessenten gibt es seit dieser Woche, 70 potenzielle Hörer sind angemeldet: Alfred Pritz vom Gründungskomitee der Sigmund-Freud-Privatuniversität ist zufrieden. Im Sommersemester soll der Betrieb im dritten Wiener Gemeindebezirk starten. Vom Akkreditierungsrat liegt eine positive Entscheidung vor, die Genehmigung der Bildungsministerin steht noch aus.

Innerhalb der Psychotherapieszene betrachten viele die neue Uni aber mit Skepsis. Berufsverbandsvorsitzende Margret Aull befürchtet, dass dies ein "Schuss nach hinten" sein könnte, indem die bisherigen Ausbildungen als nicht wissenschaftlich entwertet werden. Der Uniabschluss be- inhalte keine Berufsberechtigung, sondern eröffne eine Perspektive auf eine wissenschaftliche Karriere. Aulls Bestreben ist es daher eher, die bestehende "hoch qualifizierte Psychotherapeutenausbildung" samt ein paar zusätzlichen Schritten mit einem "Master-Titel" zu krönen.

Dazu brauche es aber kein komplettes Studium mit saftigen Gebühren: Das Bakkalaureat an der neuen Uni soll pro Semester 4750 Euro kosten, der Magister 5250 und das Doktoratsstudium 6250 €. "Es gibt sehr viele Therapeuten, die kaum Patienten haben. Das sind eher die nicht akademischen. Wovon sollen die eine derartige Ausbildung bezahlen?", fragt sich da Marianne Springer-Kremser, Vorstand an der Uniklinik für Tiefenpsychologie und Psychotherapie. Ein Sponsor für die Uni hätte die Kosten für die Studenten niedriger gehalten. Sie bezweifelt überdies, dass das Studium genügend Stunden an Selbsterfahrung anbieten wird. Langfristig befürchtet sie eine Zerschlagung der Ausbildungsvereine und Probleme für Patienten - obwohl ein neues Ambulatorium der Uni angeschlossen sein soll. Der Patient als Versuchskaninchen? "Ja", sagt sie trocken. Dieses Problem gebe es jetzt schon durch schlecht ausgebildete Therapeuten.

Weil Studenten das Geld für die Unigebühr verdienen müssten, könnten sie Patienten womöglich unnötig lange in Therapie halten. Weiterer Einwand: Psychotherapie sei nicht Wissenschaft per se. "In der Psychotherapieforschung werden unterschiedliche Wissenschaften angewendet". Qualifizierte Ausbildung gebe es schon jetzt.

PR-mäßig hat derzeit aber die Sigmund-Freud-Uni die Nase vorn, obwohl eine weitere Privatuni (Eureka-University) in den Startlöchern scharrt und Unis Lehrgänge anbieten.

"Die Akademisierung entspricht dem Trend", steht der Salzburger Psychotherapeut (selbst Doktor der Psychologie) Helmut Schwanzar der neuen Uni positiv gegenüber. "Aber wir sind der einzige anerkannte Gesundheitsberuf, der seine Ausbildung selbst finanzieren muss." Kostenpunkt auch ohne Privatuni: 20.000 bis 40.000 Euro. (Martina Salomon/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7. 12. 2003)