Sarajewo - Eine vom bosnischen Justizminister Slobodan Kovac geleitete Kommission hat am Freitag mit dem Aufbau einer eigenen Kriegsverbrecherkammer in dem Nachkriegsland begonnen. Die am bosnischen Verfassungsgerichtshof angesiedelte Kammer soll bis Ende nächsten Jahres in der Lage zu sein, Fälle zu übernehmen, die bisher vom UNO-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag verhandelt wurden.

Da das Haager Tribunal überlastet ist, sollen künftig weniger hochrangige Prozesse in Bosnien geführt werden. Das Tribunals schließt jedoch aus, dass den beiden wegen Völkermordes angeklagten bosnischen Serben, Radovan Karadzic und Ratko Mladic, in Bosnien der Prozess gemacht wird, sollten sie eines Tages verhaftet werden.

"Damit öffnet sich die Tür nach Europa"

"Damit öffnet sich die Tür nach Europa", erklärte der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien, der Brite Paddy Ashdown, anlässlich der konstituierenden Sitzung des Exekutivrates der Kommission am Freitag in der bosnischen Hauptstadt.

Neben der Protektoratsbehörde des Hohen Repräsentanten sind Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der NATO-geführten Schutztruppe SFOR, des UNO-Kriegsverbrechertribunals und der EU-Polizeimission EUPM in der Kommission vertreten.

Finanzierung

Ende Oktober waren auf einer Geberkonferenz in Brüssel rund 16 Millionen Euro zusammen gekommen, mit denen das Gericht in den kommenden fünf Jahren finanziert werden soll. Justizminister Kovac äußerte jedoch die Hoffnung, dass noch mehr Geld zusammen kommen werde.

Wie Ashdown, der die Gründung der Kriegsverbrecherkammer als "Meilenstein Bosniens beim Aufbau eines funktionierenden Rechtsstaates", bezeichnete, brachte auch Kovac die Kammer in Zusammenhang mit den EU-Ambitionen Bosniens. Er forderte außerdem die Präsenz von mindestens drei internationalen Richtern an der Kammer. (APA)