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Joschka Fischer: "Unnötig wie ein Kropf"

Foto: APA/dpa/Berg
Das Thema Atom sorgt weiterhin für Zündstoff in der rot-grünen Koalition in Berlin. Da ein Export der Hanauer Plutoniumfabrik nach China kaum mehr verhindert werden kann, konzentrieren sich die Grünen darauf, zumindest eine staatliche Bürgschaft für die Firma Siemens für eine Beteiligung am Neubau eines finnischen Atomkraftwerks zu verhindern. "Es wird von grüner Seite hier keine Zustimmung geben", sagte Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer nach einer Sitzung der Spitzengremien seiner Partei am Montag. Er fügte hinzu: "Wir sind uns einig."

Dies war ein Hinweis darauf, dass die Partei Außenminister Joschka Fischer das Zugeständnis abgerungen hat, dagegenzustimmen. Denn die Entscheidungen der am interministeriellen Ausschuss beteiligten Ministerien, darunter das Auswärtige Amt, müssen einstimmig sein. Bütikofer fügte fast drohend hinzu: "Das wäre ein Akt aktiver Unterstützung für den Ausbau der Atomkraft. Wir betreiben die Durchsetzung der gemeinsam vereinbarten rot-grünen Politik."

Ganz anders sah dies am Montag SPD-Generalsekretär Olaf Scholz. Ein großer Teil des Parteivorstands sei der Ansicht, dass Exporte gut seien. "Es gibt auch keine Vereinbarung, dass so etwas nicht stattfinden soll", sagte er zur beabsichtigten Beteiligung von Siemens am Reaktorneubau. Scholz räumte ein, dass es "selbstverständlich auch kritische Stimmen gegeben" habe, insbesondere zum Export der Hanauer Plutoniumfabrik nach China.

Fischer einst für Stilllegung

Während Bundeskanzler Gerhard Schröder keine Hindernisse für den Export der Hanauer Plutoniumfabrik sieht, will das Außenministerium weiter prüfen. Außenminister Fischer, der von Grünen für seine Vorab-Zustimmung harsch kritisiert worden war, wehrte sich am Montag: "Wenn Sie mich nach der Sache fragen, kann ich Ihnen nur sagen, ich halte das für unnötig wie einen Kropf." Aber man müsse sich an die rechtlichen Regelungen halten. Viele Grüne sind vor allem deshalb von Fischer enttäuscht, weil dieser als hessischer Umweltminister 1985 durchgesetzt hatte, dass die Hanauer Plutoniumfabrik noch vor der Inbetriebnahme stillgelegt wurde.

Das Auswärtige Amt will offenbar eine internationale Kontrolle der Zusicherung Chinas durchsetzen, dass die Anlage nicht militärisch genutzt werde. Nach Einschätzung von Experten kann die Anlage zur Produktion von waffenfähigem Plutonium verwendet werden.

Bei der SPD gab es darüber hinaus noch Personalien zu klären: Nordrhein-Westfalens Landesparteichef Harald Schartau setzte sich gegen den Thüringer Christoph Matschie bei der Wahl ins Parteipräsidium durch. Dem Gremium gehört künftig auch die Sprecherin der Parteilinken, Andrea Nahles, an. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2003)