Wien - Die Kernfrage in der aktuellen Debatte um die Zukunft
der EU-Verteidigungspolitik aus österreichischer Sicht ist, ob die
Neutralität teilweise aufgehoben werden könne oder nicht: das sagte
der Völkerrechtsexperte Gerhard Hafner (Universität Wien) am Dienstag. Wie genau es sich nun mit der Auswirkung einer
allfälligen Beistandspflicht auf die heimische Neutralität verhalte,
könne man aber erst beurteilen, wenn die endgültige Formulierung auf
EU-Ebene vorliege.
Problem beim Verständnis "einer ubiquitären Neutralität"
"Wir kennen alle nicht die endgültige Formulierung", betonte
Hafner. Nach der vorliegenden Formulierung bedürfe es aber eindeutig
einer Änderung der Verfassung. Und: nach dem vorliegenden Entwurf
müsste Österreich immer dann beistehen, wenn ein anderes
Mitgliedsland angegriffen würde. Die Frage sei, ob man für diese
Fälle jeweils die Neutralität aufheben könne. Wenn das Verständnis
von Neutralität allerdings das "einer ubiquitären Neutralität" sei,
"dann haben wir ein Problem".
Hafner gab dabei zu bedenken, dass es genügend Meinungen gebe,
wonach die Neutralität schon durch den Beitritt Österreichs zur UNO
reduziert worden sei. Das sei akzeptiert worden - warum also nicht
weiter reduzieren, stellte Hafner in den Raum. Eines sei klar: "Wir
begeben uns in diese Richtung und das kann man nicht leugnen." (APA)