Wien - Seit dem Sommer sind viele Frauen verunsichert: Große wissenschaftliche Studien haben erhebliche Bedenken gegen die Verabreichung von Hormonen während und nach der Menopause laut werden lassen. Österreichische Experten haben jetzt Empfehlungen ausgearbeitet, am Dienstag im Gesundheitsministerium vorgestellt worden sind. Als Hauptindikation seien (mittel-)schwere Wechselbeschwerden anzusehen. Grundsätzlich müsse gelten: "So niedrig dosiert und so kurz wie möglich".

Neue Richtlinien und Qualitätskontrolle

Neue Richtlinien und Qualitätskontrolle sollen "den Frauen die unnötige Angst nehmen", hofft Gesundheits- und Frauenministerin Maria Rauch-Kallat (V). Denn in dem von den führenden Medizinern auf diesem Gebiet und der Österreichischen Krebshilfe ausgearbeiteten "Konsensuspapier" ist zu lesen: "Hormonersatztherapie ist die einzige wirksame Möglichkeit zur Behandlung des mittels alternativer Strategien nicht behandelbaren, mittelschweren bzw. schweren Klimakterischen Syndroms."

Medikation nur bei Beschwerden

Die Medikation solle "nur bei Beschwerden und nicht prophylaktisch" erfolgen, betonte die Ressortchefin. Die heimischen Ärzte erhalten entsprechende Aufklärung. Für die Patientinnen wird es ein Informationsblatt in den Ordinationen geben.

Leidet eine Frau in einem Ausmaß unter Wallungen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen etc., die mit der Menopause einhergehen, dass ihre Lebensqualität eingeschränkt ist, gilt das als Indikation, sagte Prof. Dr. Sepp Leodolter, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Nur zur Vorbeugung und Behandlung von Osteoporose oder für die kardiovaskuläre Prävention sei der Hormonersatz nicht geeignet.

Individuelle Risikoevaluation

"Eine individuelle Risikoevaluation hat stattzufinden", betonte Leodolter. Risikofaktoren sind eine Hormon-abhängige Krebserkrankung, thromboembolische Prozesse, schwere Herz-, Nieren- oder Leberkrankungen sowie nicht abgeklärte, abnorme Genitalblutungen; ebenso erhöhter Alkoholkonsum, krankhaftes Übergewicht, Diabetes mellitus, Gallenwegserkrankungen und Hochdruck.

Die Patientin müsse nach umfassender Aufklärung selbst entscheiden können. Wichtig während der Therapie seien ein Mal pro Jahr ein Arztgespräch sowie Kontrolluntersuchungen: "Die Befindlichkeit der Patientin ist jährlich zu erfragen, die Indikationen zur Hormonersatztherapie jährlich zu überprüfen."

Experten schwächen Resultate der WHI-Studie ab

Die kritischen Untersuchungen - jene der amerikanischen Women's Health Initiative (WHI-Studie) und die britische Million Woman Study - würden die "Hysterie" um den Hormonersatz nicht rechtfertigen, kritisierte Prof. DDr. Johannes Huber, Leiter der Abteilung für gynäkologische Endokrinologie am AKH Wien. Leodolter sprach von einem "marginal erhöhten Brustkrebsrisiko". Auch die Internationale Menopausegesellschaft empfehle, "die bisher weltweit übliche Praxis (der HET, Anm.) beizubehalten und keinen plötzlichen Abbruch (der Therapie, Anm.) durchzuführen", sagte der Präsident dieser Vereinigung, Prof. Dr. Hermann Schneider. (APA)