Luise Ungerboeck
KOMMENTAR Zahler gesucht Die staatliche Telefongesellschaft setzt bei den Ärmsten der Armen an. Von Luise Ungerböck. |
Wien - Telekom-Austria-Generaldirektor Werner Kasztler stellt dem Finanzministerium die Rute ins Fenster: "Wenn der Bund seine Schulden bei uns nicht bezahlt, dann gibt es ab Frühjahr keine Befreiung von der Telefongrundgebühr mehr." Rund 300.000 Mindestrentnern, Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen droht damit eine erhebliche monatliche Mehrbelastung.
Derzeit müssen sozial Schwache die monatliche Grundgebühr in Höhe von 198 Schilling (14,39 EURO) nicht bezahlen. Außerdem können sie pro Monat eine Stunde gratis telefonieren.
Bei der Telekom Austria (TA) sind für die so genannte Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen in den Jahren 1998 und 1999 Kosten in Höhe von rund 600 Millionen Schilling (43,60 Mio. EURO) angefallen, sagt Kasztler zum STANDARD. "Bis Ende 2000 wird sich dieser Betrag auf 800 bis 900 Mio. S erhöhen."
Einer für alle
Die Pflicht, Leistungen für die Allgemeinheit zu erbringen, wurde dem Ex-Monopolisten im Rahmen des Universaldienstes auferlegt. Ein Beispiel ist die flächendeckende Versorgung mit Telefonzellen. Das Geld dafür sollte laut Telekom-Gesetz aus dem Universaldienstfonds kommen. Dieser Geldtopf, in den alle Telefongesellschaften einzahlen sollten, existiert bisher allerdings nur auf dem Papier. "Weil seit Jahren darüber gestritten wird, wie der Verteilungsschlüssel aussehen soll", heißt es im Verkehrsministerium.
Dort hatte man für die Gebührenbefreiung von 1996 bis 1999 einen Finanzbedarf von rund 500 Mio. S errechnet. Der Rest sollte aus der Tarifanhebung im Herbst 1997 und den Personaleinsparungen (Sozialplan) bei der TA finanziert werden. Um der drohenden Kostenexplosion Herr zu werden, wurde im vergangenen September zudem die Grundgebühr empfindlich erhöht. Dass die Kluft dennoch immer größer wird, begründet Kasztler so: "Die Einnahmen aus der Grundgebühr sind zwar gestiegen, aber gleichzeitig sinken jene aus den Gesprächsgebühren." Denn die TA verliere pro Monat rund 5000 Kunden an die private Konkurrenz. Die Personalkosten bleiben indes etwa gleich, bei 82 Prozent Beamten gebe es kaum Spielraum.
Ermäßigungen