Die Frage der Kontrolle über das Internet und die Überbrückung des so genannten digitalen Grabens zwischen armen und reichen Staaten stehen im Mittelpunkt des Weltgipfeles zur Informationsgesellschaft (WSIS) der Vereinten Nationen ab Mittwoch in Genf. Zu den dreitägigen Beratungen werden Delegierte aus 192 Ländern erwartet, darunter etwa 60 Staats- und Regierungschefs.

UNO soll Internet kontrollieren

Vor allem Entwicklungsländer sprachen sich in den vergangenen Wochen dafür aus, den Vereinten Nationen die Regulierung des Internets zu übertragen. Bisher liegt die Aufsicht über die Verwaltung von Internet-Adressen bei der ICANN - der aus Technik-Experten und Firmenvertretern bestehenden Internet Corporation for Assigned Names and Numbers. Diese geriet in den vergangenen Jahren wegen ihrer privatwirtschaftlichen und amerikanischen Wurzeln verstärkt in die Kritik.

Hohe Erwartungen dürfen an den UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft indessen wohl nicht gerichtet werden. "Es wäre eine Illusion zu sagen, dass sich nach Genf alles ändern wird", sagte der Schweizer Delegierte Marc Furrer, der im November Vorgespräche zu dem Treffen leitete. "Aber es ist ein wichtiger Schritt, denn die Diskussion über die Kontrolle (des Internets) wird erstmals angestoßen."

USA und Schröder nicht dabei

Die in Genf erwarteten Staats- und Regierungschefs stammen vor allem aus Entwicklungsländern. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte seine Teilnahme in letzter Minute ab. Die USA wollten eine Delegation auf niedriger Ebene entsenden. Der kubanische Staatschef Fidel Castro entschied sich ebenfalls gegen eine Teilnahme, wie die diplomatische Vertretung Kubas in Genf am Montag mitteilte. Der simbabwesische Präsident Robert Mugabe hingegen kann trotz einer Einreisesperre an dem Gipfel teilnehmen. Die Schweiz erteilte Mugabe eine Ausnahmebewilligung.

Der Weltinformationsgipfel geht zurück auf einen ersten Vorschlag der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) im Jahr 1998. Drei Jahre später beschloss die UN-Vollversammlung die Einberufung der Konferenz. In Genf sollen die Gipfelteilnehmer zumindest eine allgemeine Erklärung mit Grundsätzen und Zielvorstellungen beschließen. Wie es dann weiter geht, soll im November 2005 auf einem weiteren Gipfel in Tunesien beraten werden.

Im Rahmen des Genfer Gipfels eröffnete die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey am Dienstag eine Ausstellung zum Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik (ICT) im Dienst von Armutsminderung und Entwicklung. Rund 250 Aussteller aus 75 Ländern zeigen unter dem Motto "ICT for Development Platform" Produkte von der Radiolampe bis zur nächsten Generation des Internets.(APA/AP)