Wien - Österreich hält die zuletzt erneuerten Bedenken Brüssels an der Höhe der Lkw-Maut ab 2004 für ungerechtfertigt. Dies erklärte der Leiter der Sektion Infrastruktur im Verkehrsministerium, Arnold Schiefer, am Mittwoch.

In einem Schreiben an die EU-Kommission hat das Verkehrsministerium die Bedenken klar zurück gewiesen. Überlegungen Brüssels über eine Neugestaltung der Tarifstruktur würden die Einführung der Maut mit 1.1.2004 gefährden, warnt das Ministerium.

Strittig ist vor allem die Beibehaltung der höheren Sondermauten - konkret für den Brenner, für den Bosruck-, den Gleinalm-, den Tauern-, den Karawanken- und den Arlbergtunnel.

EU: "Ernsthafte Zweifel"

Die EU-Kommission verlangt indirekt eine Abschaffung oder teils deutliche Senkung der Sondermauten. Nach Ansicht Brüssels "bestehen ernsthafte Zweifel daran, dass die von Österreich gewählten Differenzierungen der Mauthöhen" den EU-Richtlinien entsprechen.

Kritisiert wird vor allem die österreichische Berechnungsmethode: Die Asfinag hat nach eigenen Angaben zur Berechnung der generellen Durchschnittsmaut von 22 Cent die Gesamtkosten des hochrangigen Straßennetzes herangezogen und die Einnahmen aus den Sondermauten, die (mit Ausnahme der Brenner-Maut, die um 20 Prozent gesenkt wird) unverändert bestehen bleiben, abgezogen. Laut Brüssel ist dies "nicht zulässig".

Wenn Österreich beabsichtige, Sondermautstrecken mit hohen Mautgebühren zu betreiben, dann müsse "das Verkehrswegenetz in unterschiedliche Netze aufgeteilt werden". Für jedes Netz sei dann separat die Berechnung der Infrastrukturkosten darzulegen, meint die EU-Kommission. Dies würde jedoch nach Meinung von Beobachtern zumindest für den Brenner bedeuten, dass die Maut dort - wegen des hohen Lkw-Verkehrsaufkommens - noch deutlicher gesenkt werden müsste. Andere Strecken hingegen - wie der Tauern- oder der Bosruck-Tunnel - könnten hingegen teurer werden.

Noch keine Berechnungen

Laut Schiefer gibt es darüber im Verkehrsministerium noch keine Berechnungen. Der Knackpunkt sei aber, "ob zur Berechnung der Maut die reinen Finanzierungskosten oder auch - wie bisher die Wiederbeschaffungskosten herangezogen werden können", sagt der Leiter der Sektion Infrastruktur.

Außerdem sieht Schiefer für die Neuberechnung keine Veranlassung. Die Aussagen der EU-Kommission seien lediglich als "Auslegungswunsch" der Mautrichtlinie zu werten. Nach Meinung des Verkehrsministeriums sei die österreichische Berechnungsweise durch die Richtlinie gedeckt.

Unverständnis über Zeitpunkt

Auf Unverständnis stößt im Verkehrsministerium auch der Zeitpunkt der Debatte. Schon am 3. Juli 2002 habe Österreich die EU-Kommission vorab über die geplanten Tarife informiert, im November 2002 habe man die entsprechende Verordnung an Brüssel weitergeleitet.

Weder in der mehrmonatigen Phase bis zur innerstaatlichen Erlassung der Mauttarife im November 2002 noch in der unmittelbar darauf folgenden Zeit nach Übermittlung" der endgültigen Verordnung habe die EU-Kommission Bedenken geäußert, heißt es im Schreiben des Verkehrsministeriums.

Schiefer betonte außerdem, dass die Struktur der Sondermautstrecken in Österreich bereits seit Jahrzehnten bestehe. Brüssel habe dagegen früher niemals Einwände aufgebracht. Erst angesichts "der aufgeheizten Diskussion" (gemeint sind die Transit-Streitigkeiten zwischen Brüssel und Österreich, Anm.) sei die EU-Kommission offensichtlich von anderen Mitgliedsstaaten dazu gedrängt worden, genauer nachzufragen, sagt Schiefer.

Gleichzeitig betont man im Verkehrsministerium aber, dass das derzeitige Tarifsystem nur für eine "Übergangsphase" vorgesehen sei. In nächster Zukunft werde "die Struktur des Tarifsystems nochmals einer Überprüfung unterzogen". "Weitreichende Maßnahmen praktisch unmittelbar vor Inbetriebnahme des fahrleistungsabhängigen Mautsystems" könnten jedoch "den Terminplan und damit die Einführung der Bemautung gefährden", warnt das Ministerium. (APA)