Foto: Jordan/virtualhotel
Ingo Julien Jordan ist unterwegs. Irgendwo in Brandenburg, weit weg von Berlin und seinem Schreibtisch. Doch das müssen diejenigen, die ihn gerade anrufen, nicht wissen. "Guten Tag, hier spricht das Virtuelle Hotel, was kann ich für sie tun?"

Seit zwei Jahren ist Ingo Julien Jordan Eigentümer eines Hotels, eines Hotels, das es nicht gibt. Zumindest nicht in herkömmlichen Vorstellungen: keine Zimmerfluchten, kein Frühstücksraum, kein Wellnessbereich. Nur eine Rezeption ist da, in Berlin-Mitte an der S-Bahn-Station Friedrichsstraße. Dort also, wo Ingo Julien Jordan jetzt gerade nicht ist. Und trotzdem via Telefon mit den Hotelgästen spricht und die Geschicke seines Hotels managt.

"Die Idee hatte ich, als ich mit meinen Studenten in Frankfurt an der Oder ein fiktives Hotelunternehmen durchrechnete und es auf die Webseite meiner Unternehmensberatung stellte. Sofort riefen Leute an und wollten buchen." Dabei gab es das "Virtuelle Hotel" damals wirklich nur als Modell im Internet. Erst Anfang des vergangenen Jahres wurde es mit drei Appartements in Berlin Wirklichkeit.

Nächste Station Köln

Mittlerweile besitzt das "Virtuelle Hotel" 120 Appartements, zudem Dependancen in Hamburg und London. "Als Nächstes kommt noch Köln dazu, einen Ableger in Wien kann ich mir vorstellen", sagt Jordan. Zwölf Leute hat er mittlerweile um sich geschart, die den Hotelbetrieb führen. "Mehr braucht es nicht, wir haben einen Großteil der Prozesse automatisiert." Ohne dass die Kunden das allerdings bemerkten. Sie buchen im Internet oder über die Hotline, zu Preisen, von denen man in anderen Hotels nur träumen kann, besorgen sich den Hotelschlüssel in der Zentralrezeption und beziehen dann ihre Zimmer. Benötigen sie etwas extra, ist das kein Problem, nur, dass es dann auch extra kostet. "Der individuelle Zuschnitt der Appartements ist das, was Kunden schätzen. Brauchen sie keine Sauna, dann buchen sie sie nicht, und müssen auch nicht dafür bezahlen." Ab 49 € für zwei Personen pro Nacht ist man im "Virtuellen Hotel" dabei. Damit macht Jordan selbst Jugendherbergen Konkurrenz, nur dass man dort um einen ähnlichen Preis im Fünfbettzimmer untergebracht ist. Die Geschäftsführung des Unternehmens hat er mittlerweile an eine habilitierte Kollegin abgegeben. "Ich bleibe allerdings Eigentümer und Außenminister."

Gewinn, sagt er, ist bei seinem Unternehmen natürlich nur durch genaue Kalkulation zu erzielen. Wie bei Billigfluglinien sind es die gute Auslastung und die Quantität, die das "Virtuelle Hotel" rentabel machen. Und das prompte Service: "Rufen Sie mich einfach an. Ich bin immer erreichbar." (DerStandard/rondo/hil/12/12/03)